Dark Demand
Gentleman in der Öffentlichkeit, Bastard im Bett. Das ist Alec Morgan.
Als er eines Tages eine weibliche Chauffeurin und Personenschützerin einstellt, ist sich der attraktive CEO sicher, komplett wahnsinnig geworden zu sein. Vor allem, weil ihn die junge Frau vom ersten Moment an in ihren Bann zieht – ohne dass er es kontrollieren kann. Gleichzeitig merkt der erfahrene Dom sofort, dass sie alles andere als devot ist und versucht sie mit allen Mitteln davon abzuhalten, weiter in seine spezielle Welt der Lust einzutauchen. Vergebens. Um vollkommen ihm zu gehören, tut die wunderschöne Samantha Stone alles, und ihr fällt es immer leichter, sich seinen dunklen Forderungen zu ergeben. Als er die Gründe für ihr Auftauchen erfährt, befinden sie sich längst in einem verhängnisvollen Strudel aus Lust und Liebe. Wirst du für die Liebe kämpfen, wenn sie dir alles nehmen könnte? Romantisch/erotische Geschichten über Dominanz und Unterwerfung, Grenzüberschreitungen, falsche Motive, die einzig wahre Liebe und wie sich Menschen für diese ändern können. |
Dieses Buch ist auch beim A.P.P. Verlag direkt zu erhalten.
Leseprobe |
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Prolog
»Mund auf!«, fordere ich gewohnt kühl und sie folgt sofort gewohnt schnell. Weit öffnet sie ihre rot geschminkten Lippen, sodass ich den Knebel dazwischenstecken und sie zum Schweigen bringen kann. Heute will ich ihr Schreien nicht hören, heute möchte ich meine Ruhe haben. Ich habe Kopfweh.
Das Bild, wie sie ergeben vor mir kniet – die platinblonden Haare in einem Pferdeschwanz zusammengebunden, die Hände hinter dem Rücken befestigt, mit gereizten, steifen Brustwarzen und einer Atmung, die fast ins Keuchen übergeht –, berührt mich nicht so, wie es sollte. Es ist alles stumpf und grau … Frustriert lasse ich die Peitsche erneut auf sie niedersausen. Sie zuckt zusammen, ihre Augen rollen nach oben und sie wimmert in den Knebel.
Ich schließe die Lider und lasse den Kopf genüsslich in den Nacken fallen. Absorbiere es … fühle, wie mein Schwanz härter wird. Endlich …
Lust schwemmt meinen Körper, schwach, aber vorhanden. Wenigstens etwas … Ich grinse, hebe den Arm, will erneut zuschlagen, diesmal will ich ihre Brüste treffen – nicht zu fest, aber auch nicht zu leicht. Es ist eine Kunst … Da klingelt das Handy auf der Kommode. Verdammt!
Natürlich überlege ich, nicht ranzugehen, aber es ist dieser eine bestimmte Klingelton – Spiel mir das Lied vom Tod. Meine Exfrau! Und obwohl wir nicht mehr verheiratet sind, muss ich springen, wenn sie pfeift. Traurig, aber wahr.
»Keine Bewegung!«, fordere ich meine heutige Sklavin auf und schlendere zu meinem Smartphone. Knapp hebe ich ab und blaffe ein gereiztes »Was?« in den Hörer.
»Ja … auch schön, dich zu hören, Alec!«, keift sie sofort in bekannter Manier und ich reibe mir müde die Stirn. »Was willst du, Annemarie? Ich habe gerade etwas Wichtiges zu erledigen …« Düster visiere ich den schlanken Körper an, der in der Mitte des Raumes kniet.
Annemarie lacht, schrill und grell, mein Kopfweh nimmt zu. »Ja! Das möchte ich wetten! Aber du musst heute Laila abholen! Ich habe keine Zeit!«
Verflucht.
»Ich auch nicht!«
»Wieso nicht?«, säuselt sie hinterhältig.
»Das geht dich nichts an, Annemarie. Wir sind nicht mehr verheiratet.« Meine Stimme ist ausnehmend kühl.
»Ach so … gut … Wie du meinst, dann werde ich wohl meinen Anwalt kontaktieren müssen, weil du deinen Pflichten nicht nachkommst.« Ich seufze, denn mir wird klar, dass dies ein verdammter Test ist! Und auch wenn mir sonst alles andere egal ist, meine Tochter ist alles, was noch zählt.
Fest presse ich die Zähne aufeinander, bis sie knirschen, schaue wieder den verführerisch geröteten Rücken vor mir an und weiß, ich kann jetzt nicht weitermachen. Dabei versprach es doch gerade erst, unterhaltsam zu werden. Verdammt! Schließlich höre ich mir selber zu, wie ich mich geschlagen gebe. Absolut untypisch für mich.
»Wie du willst! Ich hole sie!«, knurre ich und lege auf, noch bevor sie mich weiterreizen kann. Obwohl wir geschieden sind, ahne ich, dass diese Frau mir zum Verhängnis werden wird. Denn sie will mich zerstören und weiß genau, wie ihr das gelingen kann. Sie will mir Laila nehmen, meinen blonden Engel. Alles, was noch für mich zählt. Aber das werde ich nicht zulassen – koste es, was es wolle. Egal, was für eine kranke Scheiße sich Annemarie ausdenken wird, um mich, Alec Morgan, in die Knie zu zwingen … Ich werde standhaft bleiben.
Kapitel 1
Vor mir steht eine winzige Frau in einem schlichten schwarzen Anzug. Das aschblonde, unspektakuläre Haar hat sie zu einem ordentlichen Dutt verknotet. Das nichtssagende Gesicht ist völlig ungeschminkt und wirkt wie das einer Elfe – blass, aber fein. Kein Schmuck ziert ihren Hals oder die zierlichen Hände. Sie ist so winzig, geradezu zerbrechlich, so schützenswert … WAS?
»Soll das ein Witz sein?« Ich wende mich an meinen Personalchef, dem bereits der Schweiß auf der fetten Stirn steht. Seine Augen überfliegen wild seine Papiere, an die er sich klammert, als könnten sie ihn vor meinem Zorn bewahren. »Ich dachte … dachte …«
»Sie sollen nicht DENKEN, Sie sollen mir angemessenen Personenschutz besorgen!«
»Sam ist der Vorname … Ich nahm an, es wäre ein Mann, und die gestellten Anforderungen wurden sogar übertroffen!« Wild blättert er in seinen Papieren, während ich ihn mit stechendem Blick beobachte. »Eine Ausbildung bei der Leibgarde der Queen von England … jahrelange Leitung einer Spezialeinheit der Regierung … Einsätze in Afghanistan, im Irak, in Russland und … in der Ukraine.«
Mein Blick gleitet im Augenwinkel zu der kleinen, unscheinbaren Frau, die ausdruckslos mit verschränkten Händen vor sich hinstarrt. Ihre Körperhaltung ist straff und zeugt von enormem Selbstbewusstsein, aber sie ist … so KLEIN und EINE FRAU! Das muss eine Fehlinformation sein.
»Haben Sie etwas dazu beizutragen, Miss …«
»Stone. Samantha Stone«, berichtet sie mit ruhiger, emotionsloser James-Bond-Stimme und sieht immer noch an mir vorbei.
»Und?«, bohre ich weiter.
»Das ist die volle Wahrheit, Sir.« Klingt sie da etwa herablassend, und vor allem … wieso fluten ungebetene Bilder meinen sonst so scharfen Verstand? Von ihr, nackt, auf den Knien, die Hände hinter dem Rücken gefesselt, wie sie: »Ficken Sie mich bitte, Sir«, haucht und mich mit lebendigen, wunderschönen Augen anfleht. Mein Blick wird noch eine Runde stechender; ein normaler Mensch wäre längst davor zurückgezuckt, sie aber nicht. Wie auch, wenn sie mich nicht ansieht!
»Sehen Sie mich an!«, blaffe ich ungeplant. Sie folgt, mit eindrucksvoll grünen, funkelnden Augen, die hart und spöttisch wirken. Woraufhin ICH fast zurückzucke! Frauen bringen es in meiner Anwesenheit normalerweise nicht zustande, Arroganz und Überlegenheit auszustrahlen. Das sind ganz andere Signale, die sie mir tagtäglich senden. Nicht jedoch dieses kleine Geschöpf.
Das gefällt mir nicht. Ich möchte diesen überheblichen Ausdruck aus ihnen wischen …
»Sind Sie gewillt und vor allem fähig, mein Leben mit Ihrem eigenen zu schützen?«
»Jawohl, Sir.«
»Letztes Jahr gab es drei Mordanschläge, zwei davon konnten frühzeitig abgewendet werden, weil ich ein erstklassiges Team besaß. Beim dritten kam dieses erstklassige Team komplett um. Sind Sie sich dessen bewusst?«
»Natürlich nicht!« Nun funkelt sie wirklich eindrucksvoll und NOCH spöttischer! Ja klar, wie kann sie auch davon wissen? Selbstverständlich habe ich diese Informationen vor den Medien streng geheim gehalten. Macht sich nicht gut, den Ruf eines sauberen Edelmannes und Weltretters zu haben, und gleichzeitig für den Tod von sechs Menschen verantwortlich zu sein.
Weswegen die Suche von Neuem begann. Ich habe es so satt. Die letzte Woche haben sich nur unfähige Idioten gemeldet, und auch neben diesem kleinen Ding stehen vier weitere. Hohl schauen sie nach vorne, mit der gleichen Haltung, die auch die junge Frau an den Tag legt. Gerade so kann ich mir bei diesem Anblick ein müdes Seufzen verkneifen.
»Beweisen Sie sich! Sie haben eine Woche.« Kein Lächeln erscheint auf diesem feinen Gesicht, genau genommen regt sich gar nichts, vor allem nicht in den Augen.
»Das werde ich, Sir.«
Kapitel 2
Wieder erscheint sie in dem typischen schwarzen Anzug und sogar mit einer Kappe. Ihr Haar hat sie zu einem Zopf geflochten, der bis zu ihren Schulterblättern reicht, als sie frühmorgens gemessenen Schrittes vor mir hergeht und ich ihren Arsch einer genauen Inspektion unterziehe. Und der ist wirklich nicht zu verachten, auch wenn sie ihn etwas mehr schwingen könnte. Erneut taucht eine ungebetene Vision vor meinem geistigen Auge auf: Sie, voll in Aktion, um mein Leben zu schützen. Danach ist sie völlig verschwitzt und mustert mich besorgt mit geröteten Wangen – leicht keuchend, und es haben sich Strähnen aus ihrem Zopf gelöst. »Geht es Ihnen gut, Sir?«, haucht sie mit bebender Stimme … und klingt besorgt … und hingebungsvoll und … sie streckt die Hand nach mir aus …
Fast stolpere ich über den Bordstein und laufe frontal in ihren kleinen Körper! Fuck!
Sie hält mir mit emotionsloser Miene, bleichem Gesicht und penibel gestylten Haaren die Autotür auf und lässt sich nichts anmerken. Das fühlt sich bizarr an, sonst ist es an mir, meinen Frauen die Türen aufzuhalten – zumindest in der Öffentlichkeit. In meinem Schlafzimmer liegen die Tatsachen dann schon wieder ganz anders.
Mein Motto lautet: Gentleman in der Öffentlichkeit, Bastard im Bett.
Was natürlich keiner wissen darf, vor allem seit Annemarie diesen unmöglichen Sorgerechtsstreit provoziert hat. Wir waren nur fünf Jahre verheiratet und sie hat mir eine Tochter geschenkt – meinen ganzen Stolz. Früher einmal, als der Stock noch nicht so tief in ihrem sexy Arsch steckte, hat sie dieses spezielle Leben, das ich bevorzuge, mit mir geführt, doch nun ist sie der Meinung, dass genau dieser Lifestyle unangebracht für unser Kind sei. Dabei hat Laila damit ungefähr so viel zu tun wie Socken mit einem Hut. Seitdem Annemarie nicht die Villa auf Sardinien bekam, will sie mich zerstören, indem sie mir Laila nimmt. Sie hätte damit rechnen müssen, dass sie nichts findet, um mein ruchloses Dasein vor dem Richter zu beweisen, denn diese Seite halte ich streng unter Verschluss und getrennt von meinem Saubermann-Image.
Auch vor meinen Angestellten, oder besser gesagt GERADE vor ihnen, denn wenn mich das Leben eines gelehrt hat, dann, dass du keinem trauen kannst, vor allem nicht denjenigen, die dir nahe stehen!
Meine neue Angestellte kann schon mal Auto fahren. Etwas, was ich nicht von vielen Frauen behaupten würde. Zielsicher lenkt sie die Limousine durch den dichten morgendlichen Verkehr.
»Wohin soll ich Sie bringen, Sir?«
»Hm?« Abgelenkt reiße ich meinen Blick von den vorbeieilenden Passanten los und sehe durch die hinuntergelassene Trennwand nach vorne. Ihre Katzenaugen sind nach draußen auf die Straße gerichtet. Sie sind wirklich der Wahnsinn, so grün und hell und stechend – nur leider absolut desinteressiert.
»Was denken Sie denn, Miss Stone?« Nicht einmal ein Stirnrunzeln erscheint bei dieser provokativ gestellten Frage.
»Ins Büro.« Das Idiot, das sie hinterherschickt, kann ich förmlich auf ihrer Stirn ablesen.
Ich nicke verbissen, aber sie gönnt mir nicht einen Blick durch den Rückspiegel, also muss ich meinen Mund öffnen und es aussprechen, obwohl das anders geplant war. »Sehr gut mitgedacht! Sie bekommen ein Fleißkärtchen.«
»Danke, Sir.« Das klingt nicht nur total sarkastisch, sondern ist auch so gemeint. Allein dafür will ich sie spontan übers Knie legen. Sogar ein paar Emotionen haben sich in die sonst so flache Stimme gemischt, und als ich sie erkenne, muss ich grinsen. Rebellion steht ihr unsagbar, gleichzeitig weckt sie in mir einen sonst so gut unterdrückten Drang – stärker als jemals zuvor. Sie ist viel zu arrogant, um die drohende Katastrophe zu bemerken. Und fährt im nächsten Moment auch noch die Trennwand hoch! SIE!
Ich sollte das tun, weil ich keine Zeit für Geplauder habe! Doch ganz konsequent surrt die Glasscheibe nach oben, bis ich meinen Finger auf den Knopf drücke und sie stoppe.
»Ich entscheide, wann unser Gespräch beendet ist!«
»Alles Relevante wurde doch gesagt.«
»ICH entscheide auch, wann alles Relevante gesagt ist!« Nur am Rande nehme ich wahr, dass ich mich anhöre wie ein kleiner Junge, kann mich aber nicht davon abhalten. Als Nächstes grinst sie auch noch, ganz kurz zuckt ihr Mundwinkel, dann ist ihre Miene wieder völlig ausdruckslos.
»Jawohl, Sir!« Sie salutiert!
Unbemerkt von ihr, verdrehe ich die Augen, denn ich lasse bereits die Trennwand ganz hochfahren.
***
Sie folgt mir wie ein winziger Schatten; leider fühle ich mich alles andere als sicher und bin jede Sekunde bereit, mich vor sie zu schmeißen, was ja wohl nicht Sinn und Zweck ihrer Anstellung ist. Wie kommt nur jemand derart Kleines auf die Idee, so einen Job zu machen? Kopfschüttelnd betrete ich den riesigen Tower, der mir gehört. Genauso wie viele andere Tower dieser Welt – ganz ehrlich, ich kann sie nicht mehr zählen. Ich nicke, wo zu nicken ist, ignoriere diejenigen, die selbst das Nicken nicht verdient haben, und begebe mich mit ihr in den Aufzug. Wir stehen nebeneinander und starren vor uns hin. Eigentlich würde ich gerne etwas anderes mit ihr tun, besonders weil sie das so gar nicht zu wollen scheint. Mein Jagdinstinkt wurde geweckt, und das ist alles andere als gut! Genau genommen katastrophal. Wenn ich ficken will, bin ich immer so schrecklich unkonzentriert und das kann ich mir schlicht und einfach nicht leisten.
Leise und reglos verbringt sie den Tag in meinem riesigen Büro, direkt neben der Tür. Ich sehe sie nicht, doch ich vergesse niemals, dass sie da ist. Ihre Präsenz ist zu mächtig und prickelnd, als dass man sie ignorieren könnte. Dennoch schicke ich sie am Abend nicht fort, sondern lasse mich von ihr nach Hause chauffieren und nehme freundlicherweise meine Vorzeigefreundin mit.
»Die Trennwand bleibt unten!«, informiere ich meine stumme Fahrerin, sobald sich der Wagen in Bewegung setzt. Dann ziehe ich Emilie an mich.
»Guten Tag gehabt?«, erkundige ich mich, wie ich es immer tue, und sie nickt, bereits jetzt völlig benebelt.
Sofort fühle ich das Knistern in der Luft, aber es geht nicht von der Frau aus, die neben mir sitzt. Diejenige, die fährt, hält das Lenkrad so fest, dass ihre Knöchel weiß durchscheinen, aber sie sieht nicht ein einziges Mal nach hinten. Es ärgert mich und ich lasse mich von einem Impuls leiten. Öffne meine Hose und lasse mir kurzerhand einen blasen.
Dabei empfinde ich nur einen leichten Hauch der Lust. Schon lange reizt mich nichts mehr wirklich – dafür habe ich schon zu viel gesehen und erlebt und bin aufgrund dessen völlig abgestumpft.
Mir einen blasen zu lassen, während ich unentwegt nach vorne blicke, gibt mir ein wenig von jenem lange tot geglaubten Kribbeln zurück, was durch ihre Ignoranz nur verstärkt wird. Ich WILL, dass sie mich ANSIEHT!
Hingebungsvoll, flehend, so als wäre ich der Mittelpunkt ihres Universums.
So wie alle Frauen eben!
Oder meinetwegen auch wütend. Mir egal!
Tut sie aber nicht, also packe ich ihn wieder ein, ohne einen Orgasmus gehabt zu haben. Was Emilie gerade veranstaltet hat, war ein sanftes Streicheln, eine leichte Brise, kein wilder Sommersturm, viel zu lasch, als dass ich es Genuss oder gar Ekstase nennen könnte.
»Das nächste Mal strengst du dich mehr an!«, blaffe ich Emilie an. Für sie bricht eine Welt zusammen. Sie ist gut erzogen, möchte mit allen Mitteln gehorchen und mir gefallen. Dabei erinnert sie mich an einen Border Collie – die aimen auch too please.
Ich bin zwar streng, aber nicht grausam – normalerweise. Das ist neu, genauso wie die Tränen, die in Emilies perfekt geschminkten Augen glitzern, während sie sich auf die Unterlippe beißt und aus dem Fenster sieht. »Entschuldigung, Sir …«, murmelt sie kaum hörbar und eindeutig gekränkt. Ich schnaube frustriert. Sie nervt mich enorm und ich merke, dass es an der Zeit ist, etwas zu verändern. Irgendwie muss ich das Prickeln in mein Leben zurückholen.
Mein Blick schweift wieder nach vorne.
Das Opfer ist auserkoren.
Kapitel 3
Samantha Stone (der Nachname passt wie die Faust aufs Auge) bewährt sich in den nächsten sieben Tagen perfekt. Sie ist still, unauffällig und äußerst kompetent. Außerdem versteht sie sich blendend mit dem Rest des neuen Teams und mit meinem jahrelangen Sicherheitschef Dean Monroe. Er ist ganz hin und weg von ihr und ich vertraue in dieser Hinsicht auf sein Urteil.
Jede Aufgabe, die ich ihr stelle, löst sie ohne große Umschweife und zu meiner vollsten Zufriedenheit – leider! Ich lauere förmlich darauf, dass sie mir einen Grund gibt, meine andere Seite endlich rauslassen zu können, doch als würde sie das riechen, hält sie sich zurück. Nicht ein Kommentar entschlüpft ihr wegen des Blowjobs, bei dem ich sie mit den Augen fickte. Sie sieht mich nicht mal abfällig an oder verurteilt mich auf irgendeine Art und Weise. Stattdessen reizt mich ihre Ignoranz bis aufs Blut.
Mir ist klar, dass ich den Ball flachhalten sollte, besonders weil Annemarie zu immer härteren Geschützen greift und Reporter neuerdings jeden meiner Schritte verfolgen – auch wenn mein kleiner Bodyguard sie alle äußerst effektiv von mir abhält, allein mit ihrer vernichtenden Aura.
Dennoch drehe ich am siebten Abend allein in meinem Wohntower die kleine unscheinbare Visitenkarte zwischen meinen Fingern. Zu lange ist der letzte Kick her, zu schnell fühle ich mich ausgelaugt und unausgeglichen.
Es sollte mir egal sein, dass diese Katzenaugen den Blick in meine verweigern. Ist es aber nicht. Es sollte mich nicht stören, dass sie nur das Nötigste mit mir spricht. Tut es aber.
Und vor allem sollte es mir egal sein, dass Miss Ich-seh-dich-nicht-an einen Freund hat, wie ich von meinen Leuten erfahren habe. Ist es erst recht nicht.
Ursprünglich dachte ich, sie wäre vielleicht lesbisch. Das wäre eine passende Erklärung für ihr abnormales Verhalten, doch sie wohnt mit einem DER Neureichen dieser Stadt zusammen. Ein junger aufstrebender Designer.
Die Visitenkarte knallt auf den Tisch und ich schlucke mühsam, bevor ich fluche und mir durch die dunklen, kurzen Haare streiche. Ich ziehe mein Handy aus der Hosentasche und wähle die Nummer, die ich auswendig kenne. Es klingelt genau zwei Mal, dann ertönt eine tiefe, weibliche Stimme. Susi, ihr gehört das »Black Cat«.
»Mister Morgan, was kann ich für Sie tun?«
»Morgen Abend. Zweiundzwanzig Uhr. Einmal blond, grünäugig, schlank, C-Körbchen, keine Tätowierungen oder Piercings. Devot, unerfahren, Heels, rote Dessous – kein Korsett! Vorlieben: Double, Strip, Blasen, Bondage.«
»Sehr gern, Mister Morgan.« Ich lege auf und lehne mich auf der Couch zurück.
Während ich düster in den prasselnden Kamin starre, überlege ich, dass das die schlechteste Idee ist, die ich zurzeit haben kann. Allerdings sieht das mein Schwanz ganz anders.
***
Grinsend rufe ich sie am nächsten Tag um neun Uhr abends an. Normalerweise lasse ich meine Angestellten in der Nacht in Ruhe. Nicht sie. Es klingelt endlos lange, bis sie ziemlich gehetzt rangeht.
»Ja?«
»Ja, was?«
»Ja, Sir!«, antwortet sie, und es ist das erste Mal, dass sie etwas außer Puste sowie abgelenkt ist und etwas lauter spricht. Meine Augen verengen sich.
»Was tun Sie gerade, Miss Stone?«
»Ich denke nicht, dass Sie das etwas angeht, Sir.« Ihre Stimme ist wieder ganz professionell und ich beiße die Zähne aufeinander. Vorhin hat sie mir besser gefallen!
»Ich brauche Ihre Dienste in einer halben Stunde – bei mir zu Hause.« Unverzüglich lege ich auf, bevor ich versucht bin, herauszufinden, warum sie so außer Atem klang.
***
Um Punkt halb zehn steht die schwarze Limousine vor meiner Tür, genau wie sie. Die Haare sind diesmal wieder zu einem Pferdeschwanz gebunden und die Kappe besonders tief ins Gesicht gezogen. Sie sieht müde und ausgelaugt aus, ist gehetzt, außerdem total grummelig, woraufhin ich fast grinsen muss. Ein Knopf ihrer Bluse ist falsch zugeknöpft, ansonsten wirkt ihr Auftreten gewohnt tadellos.
Diesmal ignoriere ich sie und steige wortlos ein. Ich lasse sie einen Block entfernt und außer Sichtweite parken.
»Stellen Sie sich auf eine lange Nacht ein«, verkünde ich mit einem leichten Grinsen, besonders weil sie die Lippen fest aufeinanderpresst, als ich aussteige. Das Auto hat eine Standheizung, also wird sie nicht erfrieren. Trotzdem sieht sie alles andere als amüsiert aus.
Wollte sie etwa noch eine Runde vögeln? Das tut mir jetzt aber schrecklich leid!
Kapitel 4
Alec Morgan … ist ein arroganter Snob.
Der ganzen Welt präsentiert er sich als gesitteter Vorzeigebürger, aber das ist er nicht. Allein der Blowjob im Wagen zeigte mir sein wahres Gesicht. Das ist keineswegs so attraktiv und tadellos wie der Rest dieses Mannes. Er ist laut der New York Times, der GQ und etlichen anderen Magazinen einer der bestaussehenden Männer dieser Zeit. Außerdem einer der reichsten und ganz sicher derjenige mit dem größten Frauenverschleiß. Letzteres kann ich in den ersten Tagen nicht bestätigen. Er umgibt sich lediglich mit dieser Emilie Janson, einer gebürtigen Schwedin – Supermodel für Victoria’s Secret und sonstige Konzerne, die den Frauen das vermeintliche Schönheitsideal vorgeben.
Er ist wirklich ein verdammter Saubermann … doch heute Abend … könnte sich das Blatt endlich wenden!
Sobald ich die Tür hinter ihm zugeschlagen habe und er in die kühle, neblige Nacht davonmarschiert, wobei er den Kragen seines Trenchcoats nach oben klappt, springe ich wieder in das Auto.
Die dämliche Mütze reiße ich mir vom Kopf, der Haargummi wird gelöst; mit den Fingerspitzen versuche ich die Locken zu entwirren, gebe aber auf, weil ich keine Chance habe. Ich knöpfe meine Bluse auf, sodass der blutrote BH hervorblitzt, und bin froh, dass ich heute einen eleganten Bleistiftrock angezogen habe. Unter dem Beifahrersitz hole ich die halterlosen schwarzen Strümpfe neben den hohen roten Heels hervor und schlüpfe hinein. Blutroter Lippenstift vollendet mein verruchtes Outfit, ein wenig davon verreibe ich auch auf meine hohen Wangenknochen, damit sie leicht schimmern. Aus meiner Handtasche krame ich die Wimperntusche, benutze sie kurz, worauf die feinen Härchen schier endlos wirken und meine strahlend grünen Augen betonen.
Skeptisch betrachte ich mich noch einmal im Rückspiegel.
Ich sehe gut aus und ich habe es im Urin! Die Show kann beginnen.
Trotz der Heels folge ich ihm lautlos durch den ausgestorbenen Stadtteil aus hohen, uralten Wohnhäusern. Er verschwindet in einem unscheinbaren, mit Graffiti beschmierten Eingang und ich warte ein paar Minuten. Um die Ecke biegt ein schnittiger schwarzer Mercedes und parkt ein paar Häuser weiter. Aus diesem sprintet eine blonde Frau, die ziemlich gehetzt wirkt, als hätte sie etwas Wichtiges vor. Bevor sie den Eingang erreichen kann, bin ich an ihrer Seite. »Sie haben das Licht in Ihrem Auto angelassen!«, informiere ich sie. Ein älterer Herr hat gerade die Tür geöffnet, ich schlüpfe unbemerkt hindurch und finde mich in so etwas wie einem Hotel wieder. Von außen sieht das Haus völlig runtergekommen aus. Innen jedoch ist es sehr aufwendig renoviert und strotzt vor Gold und Rotnuancen.
An der Rezeption sitzt eine gelangweilte Empfangsdame, Kaugummi kauend und mit zu viel Make-up im Gesicht. Sie blickt nicht auf, als ich herantrete. Wenn eines wirkt, dann diese Masche.
»Entschuldigung, dass ich zu spät bin!« Sie sieht kaum auf.
»Ich muss es ja nicht mit ihm ausmachen! Drittes unteres Stockwerk.« Nach wie vor gelangweilt weist sie in Richtung der Aufzüge, als könnte ich mir das nicht schon denken.
Ich folge ihrem Fingerzeig und verschwinde genau in dem Moment in dem Fahrstuhl, als die blonde Frau angestöckelt kommt und mich wütend ins Visier nimmt. Grinsend winke ich ihr, da gleiten schon die Türen zu.
Es spielt keine Musik. In der Ecke steht eine Palme, ansonsten sind alle Wände verspiegelt. Kurz bevor ich das passende Stockwerk erreiche, vernehme ich leise, langsame Klaviermusik. Die wird lauter, als die Türen sich öffnen und ich in ein riesiges Foyer heraustrete. Hier schimmert auch alles in edlen Gold- und Rottönen. Eine weitere Frau sitzt hinter einem Tresen, allerdings kaut sie kein Kaugummi und macht auch sonst keinen gelangweilten Eindruck. Sie trägt ein dunkles Abendkleid und glitzernden Schmuck, die schwarzen Haare sind hochgesteckt. Sicherlich ist sie um die fünfzig, hat sich aber dank diverser Schönheits-OPs auf vierzig gezaubert. Elegant erhebt sie sich und gleitet auf mich zu.
»Du bist die Neue?«
Ich nicke, worauf sie mich am Arm packt und hinter sich her zieht. »Bevor du noch einmal zu spät kommst, brauchst du gar nicht erscheinen!«, zischt sie mich an und bleibt vor einer der vielen Türen in einem endlosen Gang stehen. Ehe ich mich versehe, hat sie mir eine schwarze venezianische Maske mit goldenen Verzierungen umgelegt und tritt zurück. Sie wirkt nicht sehr überzeugt, was alles andere als schmeichelhaft ist. Gerne würde ich ihr sagen, dass sie wie ein ausgetrockneter Dinosaurier aussieht, der zu viel Zeit in der Sonne verbracht hat. Ich verkneife es mir – auch wenn es mir schwerfällt.
»Na ja … probier mal dein Glück …« Dann öffnet sie die Tür und schiebt mich hindurch.
Ich finde mich in einem Festsaal wieder, wie er im Buche steht.
Hier sind ziemlich viele Menschen … und ein Klavierspieler in der Mitte eines Podiums. Auf dem Flügel rekelt sich eine halb nackte Frau und streicht mit schönen Händen über ihren noch schöneren Körper! Meine Augen werden groß, nehmen das Buffet voller Köstlichkeiten in sich auf, die hohe Stuckdecke, die Deckenmalerei, die hohen Fenster mit den blutroten Vorhängen davor, die vielen Sitzecken, die Menschen in Abendgarderobe, die lachend oder auch fummelnd beisammenstehen. Hier und da küsst sich ein Paar. In einer Ecke lehnt ein Kerl an der Wand. Er hat die Augen geschlossen und den Kopf nach hinten geworfen, während zwei wunderschöne Frauen ihn hingebungsvoll mit dem Mund befriedigen. Abertausende Kerzen erhellen das Szenario. Alle tragen Masken, keiner ist zu erkennen und ich schlucke mühsam.
Ist Alec Morgan tatsächlich hier? Und wie soll ich ihn finden, wenn ich kein Gesicht ausmachen kann?!
Blöde Idee, hier einfach so einzulaufen; anscheinend bin ich direkt auf einer der exklusiven Swingerpartys der Reichen und Schönen gelandet, und mir ist nach vielem, aber sicher nicht nach swingern. So ein Mist!
Von der vorbeigehenden, ziemlich attraktiven Kellnerin schnappe ich mir ein Glas Champagner und trinke es in einem Zug leer. Bevor sie verschwindet, nehme ich mir noch eins und mache damit auch kurzen Prozess. Das leichte Schwirren in meinem Kopf heiße ich willkommen, weiß aber ebenfalls, dass es auf keinen Fall mehr werden darf. Ich muss locker, aber bei Verstand bleiben! Egal, was heute passiert!
Um nicht weiter aufzufallen, setze ich mich an die Bar und versuche dabei genauso elegant und selbstsicher wie der Rest zu wirken. Und das, obwohl der Großteil mindestens halb nackt ist. Ich bin mit Sicherheit eine der meist angezogenen Frauen in diesem Raum und doch fühle ich bereits binnen kurzer Zeit unzählige verlangende Blicke auf mir. Blicke, bei denen ich mich unsagbar unwohl fühle … doch ich lasse mir nichts anmerken und spiele selbstvergessen und provokativ mit meinem Haar.
»Neu hier?« Ein attraktiver Riese fordert meine Aufmerksamkeit, indem er sich elegant auf den Hocker neben mir gleiten lässt, und ich weiß nicht, ob ich erleichtert oder erschrocken sein soll, als er mich schief angrinst. ER IST ES! Eindeutig!
Diese Augen hinter der pechschwarzen Maske würde ich überall erkennen. Sie sind so dunkel – fast schwarz, so glühend, so besitzergreifend, jedes Mal, wenn er mich ansieht, dabei hat er dazu überhaupt kein Recht! Ich nicke, weil er sonst sicherlich meine Stimme erkennen würde, und schlucke hörbar. Mit dem Finger hebt er mein Kinn, sodass ich ihn ansehen muss und ich zucke zurück, denn es prickelt dort, wo er mich berührt. Er schnalzt missbilligend mit der Zunge und ergreift es fester.
»Du bist noch verdammt neu, hm?«
Ich nicke erneut, worauf er mir ein Glas unter die Nase hält. »Trink, dann lernt es sich leichter …« Seine Stimme ist leise, lockend, und sie hat nichts mit dem kühlen, unnahbaren Mann zu tun, den ich bis jetzt kennengelernt habe. Mir wird klar, dass dies hier eine Seite an ihm ist, die er wirklich gut unter Verschluss hält und ich weiß, dass ich mich auf dem Weg in die richtige Richtung befinde.
Ich nehme einen winzigen Schluck.
»Trink aus«, fordert er emotionslos, ohne mich aus den Augen zu lassen und setzt sich mir gegenüber so auf den Hocker, dass sein Knie meines berührt. Es prickelt noch mehr, besonders, nachdem ich das Glas geleert habe. Umgehend schenkt er mir nach, auch wenn mir ein Rätsel ist, woher er die Flasche genommen hat.
»Was denkst du, nach wie viel Gläsern bist du betrunken?«, erkundigt er sich schmunzelnd.
»Viel brauche ich nicht mehr!« Bevor ich mich versehe, habe ich gesprochen und könnte mir selbst in den Allerwertesten treten. Er ist ja nicht blöd und kennt meine Stimme! Doch anscheinend hat er auch schon genug intus, denn er zuckt nicht mal mit der Wimper.
»Dann war das dein letztes.« Er nimmt mir das Glas aus der Hand und trinkt es selber aus. »Ich mag keine unkonzentrierten Frauen.«
»Unkonzentriert?«, frage ich mit hochgezogener Augenbraue und bin erleichtert, weil mein Fauxpas unentdeckt blieb.
»Es ist von Vorteil, wenn du verstehst, was ich sage, nicht nur verbal, sondern auch mit deinem Verstand. Das setzt allerdings voraus, dass dieser funktioniert.«
»Was haben Sie mit mir vor?« Wieder rede ich, ohne nachzudenken, was am Champagner liegt. Mit einem Mal beugt er sich vor und diese Duftmischung, die mich manchmal beim Fahren schon mehr ablenkt, als dass es gut ist, trifft auf meine Nase. Er riecht frisch und kühl und männlich, erinnert mich an Freiheit.
»Ich werde dich vor allen anwesenden Herrschaften in den Arsch ficken«, verkündet er samten und weicht zurück, als ich keuche. Seine Augen verdunkeln sich. »Was?«
»Ich … ähm …« Was soll man denn bitte auf so was antworten? Ja, klar? Oder … nein, danke? Hast du sie noch alle, oder einfach nur: AUTSCH? Sein Blick wird stechend.
»Hör auf zu stammeln, das bringt mich nur dazu, dir deinen Mund mit meinem Schwanz stopfen zu wollen.« Ich presse meine Lippen aufeinander und sehe ihn mit großen Augen an. Er wirkt belustigt, aber unter der Oberfläche brodelt eine grimmige Anspannung. »So ist es besser. Wenn ich dich etwas frage, wirst du mir in einem zusammenhängenden Satz antworten. Verstanden?«
Ich nicke.
Er verdreht die Augen, mit einem Mal hat er meinen Oberarm in der Hand und befördert mich mit dem Rücken auf die Bar. Den Barkeeper stört das kein bisschen, er putzt einfach lakonisch um mich herum, während ich nun wild keuchend zu ihm aufsehe.
Seine Hand streicht über mein Dekolleté, schließt sich sanft um meinen Hals, während er sich vorbeugt und direkt an meinen bebenden Lippen spricht. »Ich mag es nicht, mich zu wiederholen.« Mein Kopf schwirrt, genauso wie mein Bauch. »Hattest du noch nie einen dominanten Mann?«
»Ganz sicher nicht!«, japse ich.
»Aber du willst jemanden, an den du die Verantwortung abgeben kannst; jemanden, der dich über deine Grenzen und noch weiter führt; jemanden, dem du dienen darfst.« Unter normalen Umständen hätte er bereits mein Knie zwischen den Beinen.
»Ja.« Er grinst und streicht mit seinem Daumen über meinen rasenden Puls.
»Wen willst du dafür?«
»Dich …«, erwidere ich perfekt hauchend.
»Mich?«, bohrt er provokativ.
»Ja!«
»Ja, Sir«, gibt er leise vor.
»Ja, Sir«, wiederhole ich mit unsicherer Stimme und blicke ihm in diese nun triumphierend funkelnden Augen; Augen, in denen ich mich völlig verliere, weswegen ich es normalerweise strikt vermeide hineinzusehen. Mit einem Mal fluten meinen Geist Visionen davon, wie sich sein Mund auf meinen senkt, wie er mich küsst, wie er mich berührt, hier mitten auf der Bar vor all den Fremden … und ich fühle, wie die Röte in meine Wangen schießt.
»Was würdest du dafür tun?« Seine Hand streicht hauchzart über meinen Körper … er öffnet Knopf für Knopf meine Bluse.
»Alles!«, entgegne ich, weil ich vermute, dass es das ist, was er hören will. Er schnaubt abfällig.
»Sei nicht so unkreativ.«
Ich möchte wieder anfangen zu stammeln, aber ich verkneife es mir im letzten Moment. Stattdessen entkommt mir ein Keuchen, weil er meine Bluse komplett geöffnet hat. Wirklich gerne würde ich ja kreativ werden und über eine passende Antwort nachdenken, dies gestaltet sich aber leider alles andere als leicht, weil er meine Brust über dem roten BH umfasst und sie sanft massiert. Alles, ohne einmal hinzusehen.
»Ich warte …« Oh Gott! »Und ich habe nicht viel Geduld«, haucht er auch noch in mein Ohr und leckt über meine Muschel. Ich erschauere und schließe die Lider. Seine Zunge ist heiß und weich …
»3!« Hätte ich gewusst, dass er so offensiv vorgehen würde, hätte ich mich darauf vorbereitet. Aber das hatte ich nun wirklich nicht gedacht – so unnahbar und eiskalt, wie Alec Morgan sonst wirkt –, und vor allem hätte ich nicht so viel trübenden Alkohol getrunken!
»2!« Das war ein wirklich mieser Fehler, der mir jetzt zum Verhängnis wird, denn er streicht mit seinen Fingerspitzen am unteren Bund meines BHs entlang.
»1!« Und mit diesem Hauchen weicht er zurück. Sein Kiefer ist verbissen, seine Augen eiskalt.
»Komm wieder, wenn du bereit für mich bist!«
»Was?« Entsetzt halte ich meine Bluse zusammen und richte mich auf.
Er antwortet nicht mehr, stattdessen dreht er sich um und geht davon. Ich sehe ihm verwirrt nach und ignoriere den Stich in meiner Herzgegend.
Kapitel 5
Am nächsten Morgen sieht er frisch und erholt wie immer aus, während ich eine üble Nacht hinter mir habe. Sein maßgeschneiderter Anzug steht ihm vorzüglich, die breiten Schultern werden vorteilhaft betont, genauso wie die schmalen Hüften und die langen Beine. Er wirkt anmutig, edel … und er grinst mich dreckig an, als ich ihm die Tür aufhalte.
Bei diesem Grinsen wird mir das erste Mal in meinem Leben richtig heiß und gleichzeitig übel. Ich frage mich, ob er gestern vielleicht doch wusste, dass ich es bin und ob er vielleicht dort weitermachen will, wo wir aufgehört haben.
Ahnt er, was für ein Spiel ich mit ihm spiele?
Während er locker die Treppen hinunterläuft, streicht er sich durchs Haar und lässt seinen Blick ziemlich eindeutig über mich schweifen. Er ist so dunkel, so brennend … Ich halte die Luft an und straffe die Schultern, als er direkt auf mich zukommt.
Aber Alec Morgan geht einfach an mir vorbei und steigt beschwingt in die Limousine. Laut lasse ich den angestauten Atem entweichen. Ich könnte mir in den Hintern treten, während ich die Tür hinter ihm zuknalle! Wenn ich das gestern nicht versemmelt hätte, dann könnte der Fall schon erledigt sein! Und er sollte lieber so schnell wie möglich erledigt sein, weil … ja weil … ich mich in seiner Gegenwart unwohl fühle. Sehr sogar. Aber wie auch nicht?!
Es ist, als lauere er förmlich auf eine Reaktion von mir, allerdings bin ich keineswegs gewillt, ihm diese zu liefern! Ich kann Anweisungen befolgen, ohne sie zu hinterfragen, aber ich lasse mich nicht gern zum Spaß beherrschen, unterdrücken, dominieren. Das ist Kindergarten! Ich weiß genau, wie wichtig es ist Befehle auszuführen, wenn das Leben davon abhängt! Es grundlos zu tun, wirkt im Gegensatz dazu lächerlich.
Vor allem aber: Was soll es mir geben?
Er hat aber anscheinend meine Unterwerfung im Sinn, und ich werde mich darauf einlassen müssen. Ich bin es ihr schuldig. Allein dass er einen Sexclub aufsucht, reicht nicht. Ich brauche Bilder, Videos, die ihn in eindeutig prekären Situationen zeigen. Möglichst nicht nur von einem Abend, sondern von so vielen wie möglich. Natürlich ohne diese dämliche Maske!
Ich MUSS mehr über ihn erfahren! Das gestern war schon ein Anfang, aber dann habe ich alles versaut und jetzt bin ich wieder bei Null, weil ich nicht weiß, wann er dieses Etablissement erneut aufzusuchen wird!
Dazu kommt, dass es mir immer schwerer fällt, mich zu konzentrieren. Ständig schweifen meine Gedanken zurück, und in den unmöglichsten Momenten fühle ich wieder seine heiße Hand auf meiner Brust oder seinen Atem an meinem Hals oder seine Lippen an meinem Ohr. Außerdem lenkt mich seine Stimme ab – dieses leise, sanfte sowie tiefe Timbre dringt in jede Zelle meines Körpers und sorgt dort für einen prickelnden Nachhall. Im Endeffekt steuere ich auf ein Desaster katastrophalen Ausmaßes zu.
Das erste Mal in meinem Leben möchte ich davonlaufen und aufgeben. Dies kommt aber natürlich nicht infrage!
***
Am Nachmittag macht er früher Schluss und verlangt, dass ich ihn in sein Sportstudio fahre. Natürlich besitzt er das ebenfalls. Was mich zu der Frage veranlasst, ob ihm nicht zufällig die ganze Stadt gehört, woraufhin er nur mysteriös schmunzelt. Als ich vor der Umkleidekabine stehen bleibe, lehnt er sich in den Türrahmen.
»Sie trainieren heute mit mir!«
»Was?« Nun hat er mich wieder kalt erwischt und verwundert sehe ich ihn an. Er grinst abfällig, dabei fallen mir seine weißen, geraden Zähne auf, und hebt eine Augenbraue.
»Glauben Sie etwa, ich lasse Sie weiterhin für mich arbeiten, wenn ich noch nicht persönlich überprüft habe, wie es um Ihre Nahkampfausbildung steht?«
»Ich habe eine Ausbildung in Krav Maga und in diversen anderen Kampfsportarten, die auch die Leibgarde nutzt; zudem besitze ich den schwarzen Gürtel.«
»Weißt du, Baby?« BABY! Aufgrund seines ungehörigen Kosenamens möchte ich knurren und ihm sofort eine verpassen, lasse es aber sein und verenge stattdessen meine Augen einen Tick. »Reden kann jeder! Machen ist Gold!« Und somit zieht er mich in die Umkleidekabine.
***
Fluchend stülpe ich mir das einfache weiße Top über den Kopf und schlüpfe in die Sporthose, die mir die überengagierte blonde Empfangsdame gebracht hat. Gut! Wenn er will, dann reiße ich ihm eben den Arsch auf! Wer nicht hören will, muss fühlen!
Allerdings verharren meine selbstsicheren Schritte, sobald ich die große verspiegelte und mit Matten ausgelegte Halle betrete, denn er trainiert bereits – mit einem winzigen Asiaten, der unsagbar schnell ist! Und mit dem er ausgezeichnet klarkommt. Wow!
Niemals hätte ich gedacht, dass dieser Snob in der schwarzen lockeren Hose und dem gleichfarbigen Muskelhemd kampftechnisch was drauf hat, aber so ist das wohl, wenn man Mister Superreich ist. Man kann von den Besten lernen und das hat er augenscheinlich.
Sobald der Asiate am Boden liegt, grinst mich Alec überlegen an, während er dessen Kehle mit seinem nackten Fuß fixiert. Obwohl ich nur die Augen verdrehen oder wahlweise seinen schweißnassen Körper betrachten will, unterlasse ich beides.
Als er mich heranwinkt, tue ich ihm den Gefallen und gehe zu ihm, stelle mich direkt vor ihn und verschränke die Arme vor der Brust.
»Langweile ich Sie, Miss Stoneheart?« Idiot! Ständig nennt er mich so!
»Natürlich nicht, Sir.« Das tut er wirklich nicht, es ist nicht mal eine Lüge. Die Kunst ist es, es genauso klingen zu lassen!
Er grinst schief. »Wenn ich so langweilig bin, dann wird es mir sicher nicht möglich sein, Sie zu überwältigen.«
»Tun Sie sich keinen Zwang an.«
»Ich könnte Sie verletzen.«
»Probieren Sie es.«
»Heulen Sie aber danach nicht!«
Ich gähne gespielt, woraufhin er leise und melodisch lacht. Im nächsten Moment schnellt seine Faust nach vorne. Ich weiche überrascht zurück, lasse mich reflexartig nach hinten auf den Rücken fallen und stoppe meinen Fuß kurz vor seiner Kniescheibe. Er stockt mit weit aufgerissenen Augen, während ich am Boden liege und zu ihm hochsehe.
»Ein Tritt, während Sie stehen und Ihre Bänder sind gerissen.« Aus der Brücke heraus springe ich auf die Beine und nehme direkt die Ausgangshaltung ein. Er war gerade verdammt schnell und ist damit ein Gegner, den ich nicht unterschätzen darf. Besonders wenn seine Augen so funkeln wie jetzt gerade, während er sich in dieselbe Pose stellt. Die muskulösen Oberarme feucht, die Fäuste riesig. Es ist nicht wie in Hollywoodfilmen. Ich weiß aus Erfahrung, dass ein Schlag von so einem trainierten Mann reicht, um eine kleine Person wie mich im Zweifelsfall umzubringen. Natürlich würde er das nicht tun, trotzdem muss ich vorsichtig sein.
Am Anfang nimmt er sich eindeutig zurück – der Macho! Wir tänzeln ein bisschen umeinander, eher verspielt, doch werden immer aggressiver, weil keiner bei dem anderen einen Treffer landen kann. Schließlich kassiert er den ersten Hieb meines Knies in seine Nierengegend; er keucht, klappt vornüber, und ich nutze die Zeit, um mich aus seiner direkten Reichweite zu bringen.
Er stützt sich mit beiden Händen auf seinen Knien ab und sieht mit glühenden, dunklen Augen und feuchten Strähnen, die ihm ins Gesicht fallen, atemlos zu mir hoch. Sein Blick löst ein Kribbeln in mir aus und ich weiß, dass meiner dem in nichts nachsteht.
Das macht Spaß! Ich grinse kurz, dann stürze ich mich wieder auf ihn, bin allerdings zu übermütig, weswegen er mich beinahe erwischt.
Jetzt nimmt sich Alec Morgan nicht mehr zurück!
Nur im Augenwinkel bemerke ich, dass sich an den Seiten bereits Zuschauer versammelt haben, die alles andere als leise sind und schon bald jeden Schlag und jeden Tritt mit einem lautstarken Kommentar begleiten. Der Schweiß läuft in Strömen, mein Herz rast und meine Atmung geht flach. Ich zittere bereits nach einer halben Stunde am ganzen Körper, so sehr fordert er mich, aber ich … liebe es!
Es ist befreiend, endlich mal alles rauslassen zu können, was sich angestaut hat, und ihm vor allem zu beweisen, was ich wirklich kann! Er wirkt nicht überrascht, das wundert mich, eher ist er von jedem meiner Schläge angestachelt und treibt mich immer weiter über meine Grenzen.
Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergeht, weil diese völlig nebensächlich wird, wie immer wenn man etwas tut, was einem Spaß macht. Aber irgendwann tänzeln wir nicht mehr, wir taumeln, und auch die Angriffe muten immer kraftloser an.
In seiner Not greift er zu unlauteren Mitteln und zerrt sich fluchend das absolut durchnässte Shirt über den Kopf, präsentiert mir das erste Mal seinen Oberkörper nackt! Und ich habe ja schon viele durchtrainierte Männer gesehen, aber nur wenige, die so makellos sind. Nicht zu viel und vor allem nicht zu wenig. Seine Muskeln sind geschmeidig und gut proportioniert. Die Haut bleich, aber haarlos. Eindeutig legt er hohen Wert auf sein Äußeres und weiß, wie er es einsetzen muss, um einen Vorteil daraus zu erlangen.
Sein Plan geht auf, denn ich stolpere und er bekommt meinen Oberarm zu fassen. Er will ihn mir auf den Rücken verdrehen, während ich mit dem Ellbogen versuche, seine Schläfe zu treffen, um mich aus meiner unvorteilhaften Lage zu befreien. Doch er stoppt ihn mit der anderen Hand, wickelt ein Bein um meines und zieht es unter mir weg, sodass ich mein Gleichgewicht verliere und nach vorne falle.
Ich zerre ihn mit und er landet schwer auf meinem Rücken. Wild keuchend, schwitzend und vor allem total überhitzt legt sich sein steinharter Arm um meinen Hals; er umklammert mit der linken Hand sein rechtes Handgelenk, drückt aber nicht zu. Trotzdem wird mir schwindlig und ich kämpfe gegen das Gefühl der Panik an, das ein mögliches Ersticken mit sich bringt.
»Ich habe gewonnen!«, raunt er heiser in mein Ohr. »Ergibst du dich?« Er vergisst sich insoweit, dass er mich erneut duzt, trotzdem existiert für mich nur eine Antwort:
NIEMALS!
Ich verliere nicht!
Wir sind ebenbürtig, weswegen ich jetzt auch zu den schmutzigen Tricks greife!
Ich verpasse ihm eine mit dem Hinterkopf, woraufhin er aufkeucht und ich die Sekunde nutze, um ihn zu überrumpeln. Schon liegt er mitten in der Halle auf den Matten und ich sitze mit einem überlegenen Grinsen auf seinem Bauch. Seine Augen glühen auf, dann hat er mich schon überwältigt und ich bin wieder unter ihm! Mit aller Kraft werfe ich uns herum, sodass ich wieder die Oberhand habe. Mein gesamter Körper bebt zu dieser Zeit schon vor Entkräftung und wir schnaufen wild um die Wette.
Er beißt dennoch die Zähne zusammen und schafft es wieder, mich auf den Rücken zu legen!
Irgendwie rollt er sich auf mich und landet zwischen meinen Beinen, pinnt schließlich meine Handgelenke rechts und links neben meinem Gesicht fest. Er starrt mich herausfordernd an.
Erst da wird mir klar, dass ihn DIESER Bodenkampf alles andere als kalt lässt, und ich reiße die Lider auf.
Alec Morgan hat einen Ständer!
Was ihn aber keineswegs zu stören scheint, denn er grinst schief, sobald ich die Augen verenge. Mit einem Mal muss ich an gestern Nacht denken und daran, wie sehr ich wollte, dass er mich küsst. Ein wenig bewegt er seine Hüften, sieht mich dabei immer noch provokativ an, worauf echte Panik in mir hochsteigt!
Weiß er vielleicht doch, dass ich es war? Merkt er, dass das Ganze mich alles andere als kalt lässt?! Ahnt er, dass ich ihn in diesem Moment nackt über mir haben will!? Ich befürchte es!
»Ich ergebe mich!«, wispere ich, denn DIESEN Kampf kann und will ich nicht gewinnen.
»Schade!«, meint er auch noch und stützt sich dann mit den Armen ab, um sich elegant auf die Beine zu befördern. Als wäre ich eine Puppe, zieht er mich hoch, schlingt einen Arm um meine Hüfte und dreht uns zu den Zuschauern. Lässig hebt er meine Hand in die Luft und alle jubeln.
Ich bin immer noch völlig atemlos und verwirrt, von diesem Kribbeln, das immer noch in mir nachhallt, und der Schnelligkeit, mit der er die Stimmung gewandelt hat.
Und während ich aus dem Augenwinkel beobachte, wie er breit grinsend Glückwünsche entgegennimmt, wird mir klar, dass ich wirklich aufpassen muss.
Alec Morgan beherrscht Spiele auf einer Ebene, von der ich bis jetzt noch nicht mal den Hauch einer Ahnung hatte.
»Mund auf!«, fordere ich gewohnt kühl und sie folgt sofort gewohnt schnell. Weit öffnet sie ihre rot geschminkten Lippen, sodass ich den Knebel dazwischenstecken und sie zum Schweigen bringen kann. Heute will ich ihr Schreien nicht hören, heute möchte ich meine Ruhe haben. Ich habe Kopfweh.
Das Bild, wie sie ergeben vor mir kniet – die platinblonden Haare in einem Pferdeschwanz zusammengebunden, die Hände hinter dem Rücken befestigt, mit gereizten, steifen Brustwarzen und einer Atmung, die fast ins Keuchen übergeht –, berührt mich nicht so, wie es sollte. Es ist alles stumpf und grau … Frustriert lasse ich die Peitsche erneut auf sie niedersausen. Sie zuckt zusammen, ihre Augen rollen nach oben und sie wimmert in den Knebel.
Ich schließe die Lider und lasse den Kopf genüsslich in den Nacken fallen. Absorbiere es … fühle, wie mein Schwanz härter wird. Endlich …
Lust schwemmt meinen Körper, schwach, aber vorhanden. Wenigstens etwas … Ich grinse, hebe den Arm, will erneut zuschlagen, diesmal will ich ihre Brüste treffen – nicht zu fest, aber auch nicht zu leicht. Es ist eine Kunst … Da klingelt das Handy auf der Kommode. Verdammt!
Natürlich überlege ich, nicht ranzugehen, aber es ist dieser eine bestimmte Klingelton – Spiel mir das Lied vom Tod. Meine Exfrau! Und obwohl wir nicht mehr verheiratet sind, muss ich springen, wenn sie pfeift. Traurig, aber wahr.
»Keine Bewegung!«, fordere ich meine heutige Sklavin auf und schlendere zu meinem Smartphone. Knapp hebe ich ab und blaffe ein gereiztes »Was?« in den Hörer.
»Ja … auch schön, dich zu hören, Alec!«, keift sie sofort in bekannter Manier und ich reibe mir müde die Stirn. »Was willst du, Annemarie? Ich habe gerade etwas Wichtiges zu erledigen …« Düster visiere ich den schlanken Körper an, der in der Mitte des Raumes kniet.
Annemarie lacht, schrill und grell, mein Kopfweh nimmt zu. »Ja! Das möchte ich wetten! Aber du musst heute Laila abholen! Ich habe keine Zeit!«
Verflucht.
»Ich auch nicht!«
»Wieso nicht?«, säuselt sie hinterhältig.
»Das geht dich nichts an, Annemarie. Wir sind nicht mehr verheiratet.« Meine Stimme ist ausnehmend kühl.
»Ach so … gut … Wie du meinst, dann werde ich wohl meinen Anwalt kontaktieren müssen, weil du deinen Pflichten nicht nachkommst.« Ich seufze, denn mir wird klar, dass dies ein verdammter Test ist! Und auch wenn mir sonst alles andere egal ist, meine Tochter ist alles, was noch zählt.
Fest presse ich die Zähne aufeinander, bis sie knirschen, schaue wieder den verführerisch geröteten Rücken vor mir an und weiß, ich kann jetzt nicht weitermachen. Dabei versprach es doch gerade erst, unterhaltsam zu werden. Verdammt! Schließlich höre ich mir selber zu, wie ich mich geschlagen gebe. Absolut untypisch für mich.
»Wie du willst! Ich hole sie!«, knurre ich und lege auf, noch bevor sie mich weiterreizen kann. Obwohl wir geschieden sind, ahne ich, dass diese Frau mir zum Verhängnis werden wird. Denn sie will mich zerstören und weiß genau, wie ihr das gelingen kann. Sie will mir Laila nehmen, meinen blonden Engel. Alles, was noch für mich zählt. Aber das werde ich nicht zulassen – koste es, was es wolle. Egal, was für eine kranke Scheiße sich Annemarie ausdenken wird, um mich, Alec Morgan, in die Knie zu zwingen … Ich werde standhaft bleiben.
Kapitel 1
Vor mir steht eine winzige Frau in einem schlichten schwarzen Anzug. Das aschblonde, unspektakuläre Haar hat sie zu einem ordentlichen Dutt verknotet. Das nichtssagende Gesicht ist völlig ungeschminkt und wirkt wie das einer Elfe – blass, aber fein. Kein Schmuck ziert ihren Hals oder die zierlichen Hände. Sie ist so winzig, geradezu zerbrechlich, so schützenswert … WAS?
»Soll das ein Witz sein?« Ich wende mich an meinen Personalchef, dem bereits der Schweiß auf der fetten Stirn steht. Seine Augen überfliegen wild seine Papiere, an die er sich klammert, als könnten sie ihn vor meinem Zorn bewahren. »Ich dachte … dachte …«
»Sie sollen nicht DENKEN, Sie sollen mir angemessenen Personenschutz besorgen!«
»Sam ist der Vorname … Ich nahm an, es wäre ein Mann, und die gestellten Anforderungen wurden sogar übertroffen!« Wild blättert er in seinen Papieren, während ich ihn mit stechendem Blick beobachte. »Eine Ausbildung bei der Leibgarde der Queen von England … jahrelange Leitung einer Spezialeinheit der Regierung … Einsätze in Afghanistan, im Irak, in Russland und … in der Ukraine.«
Mein Blick gleitet im Augenwinkel zu der kleinen, unscheinbaren Frau, die ausdruckslos mit verschränkten Händen vor sich hinstarrt. Ihre Körperhaltung ist straff und zeugt von enormem Selbstbewusstsein, aber sie ist … so KLEIN und EINE FRAU! Das muss eine Fehlinformation sein.
»Haben Sie etwas dazu beizutragen, Miss …«
»Stone. Samantha Stone«, berichtet sie mit ruhiger, emotionsloser James-Bond-Stimme und sieht immer noch an mir vorbei.
»Und?«, bohre ich weiter.
»Das ist die volle Wahrheit, Sir.« Klingt sie da etwa herablassend, und vor allem … wieso fluten ungebetene Bilder meinen sonst so scharfen Verstand? Von ihr, nackt, auf den Knien, die Hände hinter dem Rücken gefesselt, wie sie: »Ficken Sie mich bitte, Sir«, haucht und mich mit lebendigen, wunderschönen Augen anfleht. Mein Blick wird noch eine Runde stechender; ein normaler Mensch wäre längst davor zurückgezuckt, sie aber nicht. Wie auch, wenn sie mich nicht ansieht!
»Sehen Sie mich an!«, blaffe ich ungeplant. Sie folgt, mit eindrucksvoll grünen, funkelnden Augen, die hart und spöttisch wirken. Woraufhin ICH fast zurückzucke! Frauen bringen es in meiner Anwesenheit normalerweise nicht zustande, Arroganz und Überlegenheit auszustrahlen. Das sind ganz andere Signale, die sie mir tagtäglich senden. Nicht jedoch dieses kleine Geschöpf.
Das gefällt mir nicht. Ich möchte diesen überheblichen Ausdruck aus ihnen wischen …
»Sind Sie gewillt und vor allem fähig, mein Leben mit Ihrem eigenen zu schützen?«
»Jawohl, Sir.«
»Letztes Jahr gab es drei Mordanschläge, zwei davon konnten frühzeitig abgewendet werden, weil ich ein erstklassiges Team besaß. Beim dritten kam dieses erstklassige Team komplett um. Sind Sie sich dessen bewusst?«
»Natürlich nicht!« Nun funkelt sie wirklich eindrucksvoll und NOCH spöttischer! Ja klar, wie kann sie auch davon wissen? Selbstverständlich habe ich diese Informationen vor den Medien streng geheim gehalten. Macht sich nicht gut, den Ruf eines sauberen Edelmannes und Weltretters zu haben, und gleichzeitig für den Tod von sechs Menschen verantwortlich zu sein.
Weswegen die Suche von Neuem begann. Ich habe es so satt. Die letzte Woche haben sich nur unfähige Idioten gemeldet, und auch neben diesem kleinen Ding stehen vier weitere. Hohl schauen sie nach vorne, mit der gleichen Haltung, die auch die junge Frau an den Tag legt. Gerade so kann ich mir bei diesem Anblick ein müdes Seufzen verkneifen.
»Beweisen Sie sich! Sie haben eine Woche.« Kein Lächeln erscheint auf diesem feinen Gesicht, genau genommen regt sich gar nichts, vor allem nicht in den Augen.
»Das werde ich, Sir.«
Kapitel 2
Wieder erscheint sie in dem typischen schwarzen Anzug und sogar mit einer Kappe. Ihr Haar hat sie zu einem Zopf geflochten, der bis zu ihren Schulterblättern reicht, als sie frühmorgens gemessenen Schrittes vor mir hergeht und ich ihren Arsch einer genauen Inspektion unterziehe. Und der ist wirklich nicht zu verachten, auch wenn sie ihn etwas mehr schwingen könnte. Erneut taucht eine ungebetene Vision vor meinem geistigen Auge auf: Sie, voll in Aktion, um mein Leben zu schützen. Danach ist sie völlig verschwitzt und mustert mich besorgt mit geröteten Wangen – leicht keuchend, und es haben sich Strähnen aus ihrem Zopf gelöst. »Geht es Ihnen gut, Sir?«, haucht sie mit bebender Stimme … und klingt besorgt … und hingebungsvoll und … sie streckt die Hand nach mir aus …
Fast stolpere ich über den Bordstein und laufe frontal in ihren kleinen Körper! Fuck!
Sie hält mir mit emotionsloser Miene, bleichem Gesicht und penibel gestylten Haaren die Autotür auf und lässt sich nichts anmerken. Das fühlt sich bizarr an, sonst ist es an mir, meinen Frauen die Türen aufzuhalten – zumindest in der Öffentlichkeit. In meinem Schlafzimmer liegen die Tatsachen dann schon wieder ganz anders.
Mein Motto lautet: Gentleman in der Öffentlichkeit, Bastard im Bett.
Was natürlich keiner wissen darf, vor allem seit Annemarie diesen unmöglichen Sorgerechtsstreit provoziert hat. Wir waren nur fünf Jahre verheiratet und sie hat mir eine Tochter geschenkt – meinen ganzen Stolz. Früher einmal, als der Stock noch nicht so tief in ihrem sexy Arsch steckte, hat sie dieses spezielle Leben, das ich bevorzuge, mit mir geführt, doch nun ist sie der Meinung, dass genau dieser Lifestyle unangebracht für unser Kind sei. Dabei hat Laila damit ungefähr so viel zu tun wie Socken mit einem Hut. Seitdem Annemarie nicht die Villa auf Sardinien bekam, will sie mich zerstören, indem sie mir Laila nimmt. Sie hätte damit rechnen müssen, dass sie nichts findet, um mein ruchloses Dasein vor dem Richter zu beweisen, denn diese Seite halte ich streng unter Verschluss und getrennt von meinem Saubermann-Image.
Auch vor meinen Angestellten, oder besser gesagt GERADE vor ihnen, denn wenn mich das Leben eines gelehrt hat, dann, dass du keinem trauen kannst, vor allem nicht denjenigen, die dir nahe stehen!
Meine neue Angestellte kann schon mal Auto fahren. Etwas, was ich nicht von vielen Frauen behaupten würde. Zielsicher lenkt sie die Limousine durch den dichten morgendlichen Verkehr.
»Wohin soll ich Sie bringen, Sir?«
»Hm?« Abgelenkt reiße ich meinen Blick von den vorbeieilenden Passanten los und sehe durch die hinuntergelassene Trennwand nach vorne. Ihre Katzenaugen sind nach draußen auf die Straße gerichtet. Sie sind wirklich der Wahnsinn, so grün und hell und stechend – nur leider absolut desinteressiert.
»Was denken Sie denn, Miss Stone?« Nicht einmal ein Stirnrunzeln erscheint bei dieser provokativ gestellten Frage.
»Ins Büro.« Das Idiot, das sie hinterherschickt, kann ich förmlich auf ihrer Stirn ablesen.
Ich nicke verbissen, aber sie gönnt mir nicht einen Blick durch den Rückspiegel, also muss ich meinen Mund öffnen und es aussprechen, obwohl das anders geplant war. »Sehr gut mitgedacht! Sie bekommen ein Fleißkärtchen.«
»Danke, Sir.« Das klingt nicht nur total sarkastisch, sondern ist auch so gemeint. Allein dafür will ich sie spontan übers Knie legen. Sogar ein paar Emotionen haben sich in die sonst so flache Stimme gemischt, und als ich sie erkenne, muss ich grinsen. Rebellion steht ihr unsagbar, gleichzeitig weckt sie in mir einen sonst so gut unterdrückten Drang – stärker als jemals zuvor. Sie ist viel zu arrogant, um die drohende Katastrophe zu bemerken. Und fährt im nächsten Moment auch noch die Trennwand hoch! SIE!
Ich sollte das tun, weil ich keine Zeit für Geplauder habe! Doch ganz konsequent surrt die Glasscheibe nach oben, bis ich meinen Finger auf den Knopf drücke und sie stoppe.
»Ich entscheide, wann unser Gespräch beendet ist!«
»Alles Relevante wurde doch gesagt.«
»ICH entscheide auch, wann alles Relevante gesagt ist!« Nur am Rande nehme ich wahr, dass ich mich anhöre wie ein kleiner Junge, kann mich aber nicht davon abhalten. Als Nächstes grinst sie auch noch, ganz kurz zuckt ihr Mundwinkel, dann ist ihre Miene wieder völlig ausdruckslos.
»Jawohl, Sir!« Sie salutiert!
Unbemerkt von ihr, verdrehe ich die Augen, denn ich lasse bereits die Trennwand ganz hochfahren.
***
Sie folgt mir wie ein winziger Schatten; leider fühle ich mich alles andere als sicher und bin jede Sekunde bereit, mich vor sie zu schmeißen, was ja wohl nicht Sinn und Zweck ihrer Anstellung ist. Wie kommt nur jemand derart Kleines auf die Idee, so einen Job zu machen? Kopfschüttelnd betrete ich den riesigen Tower, der mir gehört. Genauso wie viele andere Tower dieser Welt – ganz ehrlich, ich kann sie nicht mehr zählen. Ich nicke, wo zu nicken ist, ignoriere diejenigen, die selbst das Nicken nicht verdient haben, und begebe mich mit ihr in den Aufzug. Wir stehen nebeneinander und starren vor uns hin. Eigentlich würde ich gerne etwas anderes mit ihr tun, besonders weil sie das so gar nicht zu wollen scheint. Mein Jagdinstinkt wurde geweckt, und das ist alles andere als gut! Genau genommen katastrophal. Wenn ich ficken will, bin ich immer so schrecklich unkonzentriert und das kann ich mir schlicht und einfach nicht leisten.
Leise und reglos verbringt sie den Tag in meinem riesigen Büro, direkt neben der Tür. Ich sehe sie nicht, doch ich vergesse niemals, dass sie da ist. Ihre Präsenz ist zu mächtig und prickelnd, als dass man sie ignorieren könnte. Dennoch schicke ich sie am Abend nicht fort, sondern lasse mich von ihr nach Hause chauffieren und nehme freundlicherweise meine Vorzeigefreundin mit.
»Die Trennwand bleibt unten!«, informiere ich meine stumme Fahrerin, sobald sich der Wagen in Bewegung setzt. Dann ziehe ich Emilie an mich.
»Guten Tag gehabt?«, erkundige ich mich, wie ich es immer tue, und sie nickt, bereits jetzt völlig benebelt.
Sofort fühle ich das Knistern in der Luft, aber es geht nicht von der Frau aus, die neben mir sitzt. Diejenige, die fährt, hält das Lenkrad so fest, dass ihre Knöchel weiß durchscheinen, aber sie sieht nicht ein einziges Mal nach hinten. Es ärgert mich und ich lasse mich von einem Impuls leiten. Öffne meine Hose und lasse mir kurzerhand einen blasen.
Dabei empfinde ich nur einen leichten Hauch der Lust. Schon lange reizt mich nichts mehr wirklich – dafür habe ich schon zu viel gesehen und erlebt und bin aufgrund dessen völlig abgestumpft.
Mir einen blasen zu lassen, während ich unentwegt nach vorne blicke, gibt mir ein wenig von jenem lange tot geglaubten Kribbeln zurück, was durch ihre Ignoranz nur verstärkt wird. Ich WILL, dass sie mich ANSIEHT!
Hingebungsvoll, flehend, so als wäre ich der Mittelpunkt ihres Universums.
So wie alle Frauen eben!
Oder meinetwegen auch wütend. Mir egal!
Tut sie aber nicht, also packe ich ihn wieder ein, ohne einen Orgasmus gehabt zu haben. Was Emilie gerade veranstaltet hat, war ein sanftes Streicheln, eine leichte Brise, kein wilder Sommersturm, viel zu lasch, als dass ich es Genuss oder gar Ekstase nennen könnte.
»Das nächste Mal strengst du dich mehr an!«, blaffe ich Emilie an. Für sie bricht eine Welt zusammen. Sie ist gut erzogen, möchte mit allen Mitteln gehorchen und mir gefallen. Dabei erinnert sie mich an einen Border Collie – die aimen auch too please.
Ich bin zwar streng, aber nicht grausam – normalerweise. Das ist neu, genauso wie die Tränen, die in Emilies perfekt geschminkten Augen glitzern, während sie sich auf die Unterlippe beißt und aus dem Fenster sieht. »Entschuldigung, Sir …«, murmelt sie kaum hörbar und eindeutig gekränkt. Ich schnaube frustriert. Sie nervt mich enorm und ich merke, dass es an der Zeit ist, etwas zu verändern. Irgendwie muss ich das Prickeln in mein Leben zurückholen.
Mein Blick schweift wieder nach vorne.
Das Opfer ist auserkoren.
Kapitel 3
Samantha Stone (der Nachname passt wie die Faust aufs Auge) bewährt sich in den nächsten sieben Tagen perfekt. Sie ist still, unauffällig und äußerst kompetent. Außerdem versteht sie sich blendend mit dem Rest des neuen Teams und mit meinem jahrelangen Sicherheitschef Dean Monroe. Er ist ganz hin und weg von ihr und ich vertraue in dieser Hinsicht auf sein Urteil.
Jede Aufgabe, die ich ihr stelle, löst sie ohne große Umschweife und zu meiner vollsten Zufriedenheit – leider! Ich lauere förmlich darauf, dass sie mir einen Grund gibt, meine andere Seite endlich rauslassen zu können, doch als würde sie das riechen, hält sie sich zurück. Nicht ein Kommentar entschlüpft ihr wegen des Blowjobs, bei dem ich sie mit den Augen fickte. Sie sieht mich nicht mal abfällig an oder verurteilt mich auf irgendeine Art und Weise. Stattdessen reizt mich ihre Ignoranz bis aufs Blut.
Mir ist klar, dass ich den Ball flachhalten sollte, besonders weil Annemarie zu immer härteren Geschützen greift und Reporter neuerdings jeden meiner Schritte verfolgen – auch wenn mein kleiner Bodyguard sie alle äußerst effektiv von mir abhält, allein mit ihrer vernichtenden Aura.
Dennoch drehe ich am siebten Abend allein in meinem Wohntower die kleine unscheinbare Visitenkarte zwischen meinen Fingern. Zu lange ist der letzte Kick her, zu schnell fühle ich mich ausgelaugt und unausgeglichen.
Es sollte mir egal sein, dass diese Katzenaugen den Blick in meine verweigern. Ist es aber nicht. Es sollte mich nicht stören, dass sie nur das Nötigste mit mir spricht. Tut es aber.
Und vor allem sollte es mir egal sein, dass Miss Ich-seh-dich-nicht-an einen Freund hat, wie ich von meinen Leuten erfahren habe. Ist es erst recht nicht.
Ursprünglich dachte ich, sie wäre vielleicht lesbisch. Das wäre eine passende Erklärung für ihr abnormales Verhalten, doch sie wohnt mit einem DER Neureichen dieser Stadt zusammen. Ein junger aufstrebender Designer.
Die Visitenkarte knallt auf den Tisch und ich schlucke mühsam, bevor ich fluche und mir durch die dunklen, kurzen Haare streiche. Ich ziehe mein Handy aus der Hosentasche und wähle die Nummer, die ich auswendig kenne. Es klingelt genau zwei Mal, dann ertönt eine tiefe, weibliche Stimme. Susi, ihr gehört das »Black Cat«.
»Mister Morgan, was kann ich für Sie tun?«
»Morgen Abend. Zweiundzwanzig Uhr. Einmal blond, grünäugig, schlank, C-Körbchen, keine Tätowierungen oder Piercings. Devot, unerfahren, Heels, rote Dessous – kein Korsett! Vorlieben: Double, Strip, Blasen, Bondage.«
»Sehr gern, Mister Morgan.« Ich lege auf und lehne mich auf der Couch zurück.
Während ich düster in den prasselnden Kamin starre, überlege ich, dass das die schlechteste Idee ist, die ich zurzeit haben kann. Allerdings sieht das mein Schwanz ganz anders.
***
Grinsend rufe ich sie am nächsten Tag um neun Uhr abends an. Normalerweise lasse ich meine Angestellten in der Nacht in Ruhe. Nicht sie. Es klingelt endlos lange, bis sie ziemlich gehetzt rangeht.
»Ja?«
»Ja, was?«
»Ja, Sir!«, antwortet sie, und es ist das erste Mal, dass sie etwas außer Puste sowie abgelenkt ist und etwas lauter spricht. Meine Augen verengen sich.
»Was tun Sie gerade, Miss Stone?«
»Ich denke nicht, dass Sie das etwas angeht, Sir.« Ihre Stimme ist wieder ganz professionell und ich beiße die Zähne aufeinander. Vorhin hat sie mir besser gefallen!
»Ich brauche Ihre Dienste in einer halben Stunde – bei mir zu Hause.« Unverzüglich lege ich auf, bevor ich versucht bin, herauszufinden, warum sie so außer Atem klang.
***
Um Punkt halb zehn steht die schwarze Limousine vor meiner Tür, genau wie sie. Die Haare sind diesmal wieder zu einem Pferdeschwanz gebunden und die Kappe besonders tief ins Gesicht gezogen. Sie sieht müde und ausgelaugt aus, ist gehetzt, außerdem total grummelig, woraufhin ich fast grinsen muss. Ein Knopf ihrer Bluse ist falsch zugeknöpft, ansonsten wirkt ihr Auftreten gewohnt tadellos.
Diesmal ignoriere ich sie und steige wortlos ein. Ich lasse sie einen Block entfernt und außer Sichtweite parken.
»Stellen Sie sich auf eine lange Nacht ein«, verkünde ich mit einem leichten Grinsen, besonders weil sie die Lippen fest aufeinanderpresst, als ich aussteige. Das Auto hat eine Standheizung, also wird sie nicht erfrieren. Trotzdem sieht sie alles andere als amüsiert aus.
Wollte sie etwa noch eine Runde vögeln? Das tut mir jetzt aber schrecklich leid!
Kapitel 4
Alec Morgan … ist ein arroganter Snob.
Der ganzen Welt präsentiert er sich als gesitteter Vorzeigebürger, aber das ist er nicht. Allein der Blowjob im Wagen zeigte mir sein wahres Gesicht. Das ist keineswegs so attraktiv und tadellos wie der Rest dieses Mannes. Er ist laut der New York Times, der GQ und etlichen anderen Magazinen einer der bestaussehenden Männer dieser Zeit. Außerdem einer der reichsten und ganz sicher derjenige mit dem größten Frauenverschleiß. Letzteres kann ich in den ersten Tagen nicht bestätigen. Er umgibt sich lediglich mit dieser Emilie Janson, einer gebürtigen Schwedin – Supermodel für Victoria’s Secret und sonstige Konzerne, die den Frauen das vermeintliche Schönheitsideal vorgeben.
Er ist wirklich ein verdammter Saubermann … doch heute Abend … könnte sich das Blatt endlich wenden!
Sobald ich die Tür hinter ihm zugeschlagen habe und er in die kühle, neblige Nacht davonmarschiert, wobei er den Kragen seines Trenchcoats nach oben klappt, springe ich wieder in das Auto.
Die dämliche Mütze reiße ich mir vom Kopf, der Haargummi wird gelöst; mit den Fingerspitzen versuche ich die Locken zu entwirren, gebe aber auf, weil ich keine Chance habe. Ich knöpfe meine Bluse auf, sodass der blutrote BH hervorblitzt, und bin froh, dass ich heute einen eleganten Bleistiftrock angezogen habe. Unter dem Beifahrersitz hole ich die halterlosen schwarzen Strümpfe neben den hohen roten Heels hervor und schlüpfe hinein. Blutroter Lippenstift vollendet mein verruchtes Outfit, ein wenig davon verreibe ich auch auf meine hohen Wangenknochen, damit sie leicht schimmern. Aus meiner Handtasche krame ich die Wimperntusche, benutze sie kurz, worauf die feinen Härchen schier endlos wirken und meine strahlend grünen Augen betonen.
Skeptisch betrachte ich mich noch einmal im Rückspiegel.
Ich sehe gut aus und ich habe es im Urin! Die Show kann beginnen.
Trotz der Heels folge ich ihm lautlos durch den ausgestorbenen Stadtteil aus hohen, uralten Wohnhäusern. Er verschwindet in einem unscheinbaren, mit Graffiti beschmierten Eingang und ich warte ein paar Minuten. Um die Ecke biegt ein schnittiger schwarzer Mercedes und parkt ein paar Häuser weiter. Aus diesem sprintet eine blonde Frau, die ziemlich gehetzt wirkt, als hätte sie etwas Wichtiges vor. Bevor sie den Eingang erreichen kann, bin ich an ihrer Seite. »Sie haben das Licht in Ihrem Auto angelassen!«, informiere ich sie. Ein älterer Herr hat gerade die Tür geöffnet, ich schlüpfe unbemerkt hindurch und finde mich in so etwas wie einem Hotel wieder. Von außen sieht das Haus völlig runtergekommen aus. Innen jedoch ist es sehr aufwendig renoviert und strotzt vor Gold und Rotnuancen.
An der Rezeption sitzt eine gelangweilte Empfangsdame, Kaugummi kauend und mit zu viel Make-up im Gesicht. Sie blickt nicht auf, als ich herantrete. Wenn eines wirkt, dann diese Masche.
»Entschuldigung, dass ich zu spät bin!« Sie sieht kaum auf.
»Ich muss es ja nicht mit ihm ausmachen! Drittes unteres Stockwerk.« Nach wie vor gelangweilt weist sie in Richtung der Aufzüge, als könnte ich mir das nicht schon denken.
Ich folge ihrem Fingerzeig und verschwinde genau in dem Moment in dem Fahrstuhl, als die blonde Frau angestöckelt kommt und mich wütend ins Visier nimmt. Grinsend winke ich ihr, da gleiten schon die Türen zu.
Es spielt keine Musik. In der Ecke steht eine Palme, ansonsten sind alle Wände verspiegelt. Kurz bevor ich das passende Stockwerk erreiche, vernehme ich leise, langsame Klaviermusik. Die wird lauter, als die Türen sich öffnen und ich in ein riesiges Foyer heraustrete. Hier schimmert auch alles in edlen Gold- und Rottönen. Eine weitere Frau sitzt hinter einem Tresen, allerdings kaut sie kein Kaugummi und macht auch sonst keinen gelangweilten Eindruck. Sie trägt ein dunkles Abendkleid und glitzernden Schmuck, die schwarzen Haare sind hochgesteckt. Sicherlich ist sie um die fünfzig, hat sich aber dank diverser Schönheits-OPs auf vierzig gezaubert. Elegant erhebt sie sich und gleitet auf mich zu.
»Du bist die Neue?«
Ich nicke, worauf sie mich am Arm packt und hinter sich her zieht. »Bevor du noch einmal zu spät kommst, brauchst du gar nicht erscheinen!«, zischt sie mich an und bleibt vor einer der vielen Türen in einem endlosen Gang stehen. Ehe ich mich versehe, hat sie mir eine schwarze venezianische Maske mit goldenen Verzierungen umgelegt und tritt zurück. Sie wirkt nicht sehr überzeugt, was alles andere als schmeichelhaft ist. Gerne würde ich ihr sagen, dass sie wie ein ausgetrockneter Dinosaurier aussieht, der zu viel Zeit in der Sonne verbracht hat. Ich verkneife es mir – auch wenn es mir schwerfällt.
»Na ja … probier mal dein Glück …« Dann öffnet sie die Tür und schiebt mich hindurch.
Ich finde mich in einem Festsaal wieder, wie er im Buche steht.
Hier sind ziemlich viele Menschen … und ein Klavierspieler in der Mitte eines Podiums. Auf dem Flügel rekelt sich eine halb nackte Frau und streicht mit schönen Händen über ihren noch schöneren Körper! Meine Augen werden groß, nehmen das Buffet voller Köstlichkeiten in sich auf, die hohe Stuckdecke, die Deckenmalerei, die hohen Fenster mit den blutroten Vorhängen davor, die vielen Sitzecken, die Menschen in Abendgarderobe, die lachend oder auch fummelnd beisammenstehen. Hier und da küsst sich ein Paar. In einer Ecke lehnt ein Kerl an der Wand. Er hat die Augen geschlossen und den Kopf nach hinten geworfen, während zwei wunderschöne Frauen ihn hingebungsvoll mit dem Mund befriedigen. Abertausende Kerzen erhellen das Szenario. Alle tragen Masken, keiner ist zu erkennen und ich schlucke mühsam.
Ist Alec Morgan tatsächlich hier? Und wie soll ich ihn finden, wenn ich kein Gesicht ausmachen kann?!
Blöde Idee, hier einfach so einzulaufen; anscheinend bin ich direkt auf einer der exklusiven Swingerpartys der Reichen und Schönen gelandet, und mir ist nach vielem, aber sicher nicht nach swingern. So ein Mist!
Von der vorbeigehenden, ziemlich attraktiven Kellnerin schnappe ich mir ein Glas Champagner und trinke es in einem Zug leer. Bevor sie verschwindet, nehme ich mir noch eins und mache damit auch kurzen Prozess. Das leichte Schwirren in meinem Kopf heiße ich willkommen, weiß aber ebenfalls, dass es auf keinen Fall mehr werden darf. Ich muss locker, aber bei Verstand bleiben! Egal, was heute passiert!
Um nicht weiter aufzufallen, setze ich mich an die Bar und versuche dabei genauso elegant und selbstsicher wie der Rest zu wirken. Und das, obwohl der Großteil mindestens halb nackt ist. Ich bin mit Sicherheit eine der meist angezogenen Frauen in diesem Raum und doch fühle ich bereits binnen kurzer Zeit unzählige verlangende Blicke auf mir. Blicke, bei denen ich mich unsagbar unwohl fühle … doch ich lasse mir nichts anmerken und spiele selbstvergessen und provokativ mit meinem Haar.
»Neu hier?« Ein attraktiver Riese fordert meine Aufmerksamkeit, indem er sich elegant auf den Hocker neben mir gleiten lässt, und ich weiß nicht, ob ich erleichtert oder erschrocken sein soll, als er mich schief angrinst. ER IST ES! Eindeutig!
Diese Augen hinter der pechschwarzen Maske würde ich überall erkennen. Sie sind so dunkel – fast schwarz, so glühend, so besitzergreifend, jedes Mal, wenn er mich ansieht, dabei hat er dazu überhaupt kein Recht! Ich nicke, weil er sonst sicherlich meine Stimme erkennen würde, und schlucke hörbar. Mit dem Finger hebt er mein Kinn, sodass ich ihn ansehen muss und ich zucke zurück, denn es prickelt dort, wo er mich berührt. Er schnalzt missbilligend mit der Zunge und ergreift es fester.
»Du bist noch verdammt neu, hm?«
Ich nicke erneut, worauf er mir ein Glas unter die Nase hält. »Trink, dann lernt es sich leichter …« Seine Stimme ist leise, lockend, und sie hat nichts mit dem kühlen, unnahbaren Mann zu tun, den ich bis jetzt kennengelernt habe. Mir wird klar, dass dies hier eine Seite an ihm ist, die er wirklich gut unter Verschluss hält und ich weiß, dass ich mich auf dem Weg in die richtige Richtung befinde.
Ich nehme einen winzigen Schluck.
»Trink aus«, fordert er emotionslos, ohne mich aus den Augen zu lassen und setzt sich mir gegenüber so auf den Hocker, dass sein Knie meines berührt. Es prickelt noch mehr, besonders, nachdem ich das Glas geleert habe. Umgehend schenkt er mir nach, auch wenn mir ein Rätsel ist, woher er die Flasche genommen hat.
»Was denkst du, nach wie viel Gläsern bist du betrunken?«, erkundigt er sich schmunzelnd.
»Viel brauche ich nicht mehr!« Bevor ich mich versehe, habe ich gesprochen und könnte mir selbst in den Allerwertesten treten. Er ist ja nicht blöd und kennt meine Stimme! Doch anscheinend hat er auch schon genug intus, denn er zuckt nicht mal mit der Wimper.
»Dann war das dein letztes.« Er nimmt mir das Glas aus der Hand und trinkt es selber aus. »Ich mag keine unkonzentrierten Frauen.«
»Unkonzentriert?«, frage ich mit hochgezogener Augenbraue und bin erleichtert, weil mein Fauxpas unentdeckt blieb.
»Es ist von Vorteil, wenn du verstehst, was ich sage, nicht nur verbal, sondern auch mit deinem Verstand. Das setzt allerdings voraus, dass dieser funktioniert.«
»Was haben Sie mit mir vor?« Wieder rede ich, ohne nachzudenken, was am Champagner liegt. Mit einem Mal beugt er sich vor und diese Duftmischung, die mich manchmal beim Fahren schon mehr ablenkt, als dass es gut ist, trifft auf meine Nase. Er riecht frisch und kühl und männlich, erinnert mich an Freiheit.
»Ich werde dich vor allen anwesenden Herrschaften in den Arsch ficken«, verkündet er samten und weicht zurück, als ich keuche. Seine Augen verdunkeln sich. »Was?«
»Ich … ähm …« Was soll man denn bitte auf so was antworten? Ja, klar? Oder … nein, danke? Hast du sie noch alle, oder einfach nur: AUTSCH? Sein Blick wird stechend.
»Hör auf zu stammeln, das bringt mich nur dazu, dir deinen Mund mit meinem Schwanz stopfen zu wollen.« Ich presse meine Lippen aufeinander und sehe ihn mit großen Augen an. Er wirkt belustigt, aber unter der Oberfläche brodelt eine grimmige Anspannung. »So ist es besser. Wenn ich dich etwas frage, wirst du mir in einem zusammenhängenden Satz antworten. Verstanden?«
Ich nicke.
Er verdreht die Augen, mit einem Mal hat er meinen Oberarm in der Hand und befördert mich mit dem Rücken auf die Bar. Den Barkeeper stört das kein bisschen, er putzt einfach lakonisch um mich herum, während ich nun wild keuchend zu ihm aufsehe.
Seine Hand streicht über mein Dekolleté, schließt sich sanft um meinen Hals, während er sich vorbeugt und direkt an meinen bebenden Lippen spricht. »Ich mag es nicht, mich zu wiederholen.« Mein Kopf schwirrt, genauso wie mein Bauch. »Hattest du noch nie einen dominanten Mann?«
»Ganz sicher nicht!«, japse ich.
»Aber du willst jemanden, an den du die Verantwortung abgeben kannst; jemanden, der dich über deine Grenzen und noch weiter führt; jemanden, dem du dienen darfst.« Unter normalen Umständen hätte er bereits mein Knie zwischen den Beinen.
»Ja.« Er grinst und streicht mit seinem Daumen über meinen rasenden Puls.
»Wen willst du dafür?«
»Dich …«, erwidere ich perfekt hauchend.
»Mich?«, bohrt er provokativ.
»Ja!«
»Ja, Sir«, gibt er leise vor.
»Ja, Sir«, wiederhole ich mit unsicherer Stimme und blicke ihm in diese nun triumphierend funkelnden Augen; Augen, in denen ich mich völlig verliere, weswegen ich es normalerweise strikt vermeide hineinzusehen. Mit einem Mal fluten meinen Geist Visionen davon, wie sich sein Mund auf meinen senkt, wie er mich küsst, wie er mich berührt, hier mitten auf der Bar vor all den Fremden … und ich fühle, wie die Röte in meine Wangen schießt.
»Was würdest du dafür tun?« Seine Hand streicht hauchzart über meinen Körper … er öffnet Knopf für Knopf meine Bluse.
»Alles!«, entgegne ich, weil ich vermute, dass es das ist, was er hören will. Er schnaubt abfällig.
»Sei nicht so unkreativ.«
Ich möchte wieder anfangen zu stammeln, aber ich verkneife es mir im letzten Moment. Stattdessen entkommt mir ein Keuchen, weil er meine Bluse komplett geöffnet hat. Wirklich gerne würde ich ja kreativ werden und über eine passende Antwort nachdenken, dies gestaltet sich aber leider alles andere als leicht, weil er meine Brust über dem roten BH umfasst und sie sanft massiert. Alles, ohne einmal hinzusehen.
»Ich warte …« Oh Gott! »Und ich habe nicht viel Geduld«, haucht er auch noch in mein Ohr und leckt über meine Muschel. Ich erschauere und schließe die Lider. Seine Zunge ist heiß und weich …
»3!« Hätte ich gewusst, dass er so offensiv vorgehen würde, hätte ich mich darauf vorbereitet. Aber das hatte ich nun wirklich nicht gedacht – so unnahbar und eiskalt, wie Alec Morgan sonst wirkt –, und vor allem hätte ich nicht so viel trübenden Alkohol getrunken!
»2!« Das war ein wirklich mieser Fehler, der mir jetzt zum Verhängnis wird, denn er streicht mit seinen Fingerspitzen am unteren Bund meines BHs entlang.
»1!« Und mit diesem Hauchen weicht er zurück. Sein Kiefer ist verbissen, seine Augen eiskalt.
»Komm wieder, wenn du bereit für mich bist!«
»Was?« Entsetzt halte ich meine Bluse zusammen und richte mich auf.
Er antwortet nicht mehr, stattdessen dreht er sich um und geht davon. Ich sehe ihm verwirrt nach und ignoriere den Stich in meiner Herzgegend.
Kapitel 5
Am nächsten Morgen sieht er frisch und erholt wie immer aus, während ich eine üble Nacht hinter mir habe. Sein maßgeschneiderter Anzug steht ihm vorzüglich, die breiten Schultern werden vorteilhaft betont, genauso wie die schmalen Hüften und die langen Beine. Er wirkt anmutig, edel … und er grinst mich dreckig an, als ich ihm die Tür aufhalte.
Bei diesem Grinsen wird mir das erste Mal in meinem Leben richtig heiß und gleichzeitig übel. Ich frage mich, ob er gestern vielleicht doch wusste, dass ich es bin und ob er vielleicht dort weitermachen will, wo wir aufgehört haben.
Ahnt er, was für ein Spiel ich mit ihm spiele?
Während er locker die Treppen hinunterläuft, streicht er sich durchs Haar und lässt seinen Blick ziemlich eindeutig über mich schweifen. Er ist so dunkel, so brennend … Ich halte die Luft an und straffe die Schultern, als er direkt auf mich zukommt.
Aber Alec Morgan geht einfach an mir vorbei und steigt beschwingt in die Limousine. Laut lasse ich den angestauten Atem entweichen. Ich könnte mir in den Hintern treten, während ich die Tür hinter ihm zuknalle! Wenn ich das gestern nicht versemmelt hätte, dann könnte der Fall schon erledigt sein! Und er sollte lieber so schnell wie möglich erledigt sein, weil … ja weil … ich mich in seiner Gegenwart unwohl fühle. Sehr sogar. Aber wie auch nicht?!
Es ist, als lauere er förmlich auf eine Reaktion von mir, allerdings bin ich keineswegs gewillt, ihm diese zu liefern! Ich kann Anweisungen befolgen, ohne sie zu hinterfragen, aber ich lasse mich nicht gern zum Spaß beherrschen, unterdrücken, dominieren. Das ist Kindergarten! Ich weiß genau, wie wichtig es ist Befehle auszuführen, wenn das Leben davon abhängt! Es grundlos zu tun, wirkt im Gegensatz dazu lächerlich.
Vor allem aber: Was soll es mir geben?
Er hat aber anscheinend meine Unterwerfung im Sinn, und ich werde mich darauf einlassen müssen. Ich bin es ihr schuldig. Allein dass er einen Sexclub aufsucht, reicht nicht. Ich brauche Bilder, Videos, die ihn in eindeutig prekären Situationen zeigen. Möglichst nicht nur von einem Abend, sondern von so vielen wie möglich. Natürlich ohne diese dämliche Maske!
Ich MUSS mehr über ihn erfahren! Das gestern war schon ein Anfang, aber dann habe ich alles versaut und jetzt bin ich wieder bei Null, weil ich nicht weiß, wann er dieses Etablissement erneut aufzusuchen wird!
Dazu kommt, dass es mir immer schwerer fällt, mich zu konzentrieren. Ständig schweifen meine Gedanken zurück, und in den unmöglichsten Momenten fühle ich wieder seine heiße Hand auf meiner Brust oder seinen Atem an meinem Hals oder seine Lippen an meinem Ohr. Außerdem lenkt mich seine Stimme ab – dieses leise, sanfte sowie tiefe Timbre dringt in jede Zelle meines Körpers und sorgt dort für einen prickelnden Nachhall. Im Endeffekt steuere ich auf ein Desaster katastrophalen Ausmaßes zu.
Das erste Mal in meinem Leben möchte ich davonlaufen und aufgeben. Dies kommt aber natürlich nicht infrage!
***
Am Nachmittag macht er früher Schluss und verlangt, dass ich ihn in sein Sportstudio fahre. Natürlich besitzt er das ebenfalls. Was mich zu der Frage veranlasst, ob ihm nicht zufällig die ganze Stadt gehört, woraufhin er nur mysteriös schmunzelt. Als ich vor der Umkleidekabine stehen bleibe, lehnt er sich in den Türrahmen.
»Sie trainieren heute mit mir!«
»Was?« Nun hat er mich wieder kalt erwischt und verwundert sehe ich ihn an. Er grinst abfällig, dabei fallen mir seine weißen, geraden Zähne auf, und hebt eine Augenbraue.
»Glauben Sie etwa, ich lasse Sie weiterhin für mich arbeiten, wenn ich noch nicht persönlich überprüft habe, wie es um Ihre Nahkampfausbildung steht?«
»Ich habe eine Ausbildung in Krav Maga und in diversen anderen Kampfsportarten, die auch die Leibgarde nutzt; zudem besitze ich den schwarzen Gürtel.«
»Weißt du, Baby?« BABY! Aufgrund seines ungehörigen Kosenamens möchte ich knurren und ihm sofort eine verpassen, lasse es aber sein und verenge stattdessen meine Augen einen Tick. »Reden kann jeder! Machen ist Gold!« Und somit zieht er mich in die Umkleidekabine.
***
Fluchend stülpe ich mir das einfache weiße Top über den Kopf und schlüpfe in die Sporthose, die mir die überengagierte blonde Empfangsdame gebracht hat. Gut! Wenn er will, dann reiße ich ihm eben den Arsch auf! Wer nicht hören will, muss fühlen!
Allerdings verharren meine selbstsicheren Schritte, sobald ich die große verspiegelte und mit Matten ausgelegte Halle betrete, denn er trainiert bereits – mit einem winzigen Asiaten, der unsagbar schnell ist! Und mit dem er ausgezeichnet klarkommt. Wow!
Niemals hätte ich gedacht, dass dieser Snob in der schwarzen lockeren Hose und dem gleichfarbigen Muskelhemd kampftechnisch was drauf hat, aber so ist das wohl, wenn man Mister Superreich ist. Man kann von den Besten lernen und das hat er augenscheinlich.
Sobald der Asiate am Boden liegt, grinst mich Alec überlegen an, während er dessen Kehle mit seinem nackten Fuß fixiert. Obwohl ich nur die Augen verdrehen oder wahlweise seinen schweißnassen Körper betrachten will, unterlasse ich beides.
Als er mich heranwinkt, tue ich ihm den Gefallen und gehe zu ihm, stelle mich direkt vor ihn und verschränke die Arme vor der Brust.
»Langweile ich Sie, Miss Stoneheart?« Idiot! Ständig nennt er mich so!
»Natürlich nicht, Sir.« Das tut er wirklich nicht, es ist nicht mal eine Lüge. Die Kunst ist es, es genauso klingen zu lassen!
Er grinst schief. »Wenn ich so langweilig bin, dann wird es mir sicher nicht möglich sein, Sie zu überwältigen.«
»Tun Sie sich keinen Zwang an.«
»Ich könnte Sie verletzen.«
»Probieren Sie es.«
»Heulen Sie aber danach nicht!«
Ich gähne gespielt, woraufhin er leise und melodisch lacht. Im nächsten Moment schnellt seine Faust nach vorne. Ich weiche überrascht zurück, lasse mich reflexartig nach hinten auf den Rücken fallen und stoppe meinen Fuß kurz vor seiner Kniescheibe. Er stockt mit weit aufgerissenen Augen, während ich am Boden liege und zu ihm hochsehe.
»Ein Tritt, während Sie stehen und Ihre Bänder sind gerissen.« Aus der Brücke heraus springe ich auf die Beine und nehme direkt die Ausgangshaltung ein. Er war gerade verdammt schnell und ist damit ein Gegner, den ich nicht unterschätzen darf. Besonders wenn seine Augen so funkeln wie jetzt gerade, während er sich in dieselbe Pose stellt. Die muskulösen Oberarme feucht, die Fäuste riesig. Es ist nicht wie in Hollywoodfilmen. Ich weiß aus Erfahrung, dass ein Schlag von so einem trainierten Mann reicht, um eine kleine Person wie mich im Zweifelsfall umzubringen. Natürlich würde er das nicht tun, trotzdem muss ich vorsichtig sein.
Am Anfang nimmt er sich eindeutig zurück – der Macho! Wir tänzeln ein bisschen umeinander, eher verspielt, doch werden immer aggressiver, weil keiner bei dem anderen einen Treffer landen kann. Schließlich kassiert er den ersten Hieb meines Knies in seine Nierengegend; er keucht, klappt vornüber, und ich nutze die Zeit, um mich aus seiner direkten Reichweite zu bringen.
Er stützt sich mit beiden Händen auf seinen Knien ab und sieht mit glühenden, dunklen Augen und feuchten Strähnen, die ihm ins Gesicht fallen, atemlos zu mir hoch. Sein Blick löst ein Kribbeln in mir aus und ich weiß, dass meiner dem in nichts nachsteht.
Das macht Spaß! Ich grinse kurz, dann stürze ich mich wieder auf ihn, bin allerdings zu übermütig, weswegen er mich beinahe erwischt.
Jetzt nimmt sich Alec Morgan nicht mehr zurück!
Nur im Augenwinkel bemerke ich, dass sich an den Seiten bereits Zuschauer versammelt haben, die alles andere als leise sind und schon bald jeden Schlag und jeden Tritt mit einem lautstarken Kommentar begleiten. Der Schweiß läuft in Strömen, mein Herz rast und meine Atmung geht flach. Ich zittere bereits nach einer halben Stunde am ganzen Körper, so sehr fordert er mich, aber ich … liebe es!
Es ist befreiend, endlich mal alles rauslassen zu können, was sich angestaut hat, und ihm vor allem zu beweisen, was ich wirklich kann! Er wirkt nicht überrascht, das wundert mich, eher ist er von jedem meiner Schläge angestachelt und treibt mich immer weiter über meine Grenzen.
Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergeht, weil diese völlig nebensächlich wird, wie immer wenn man etwas tut, was einem Spaß macht. Aber irgendwann tänzeln wir nicht mehr, wir taumeln, und auch die Angriffe muten immer kraftloser an.
In seiner Not greift er zu unlauteren Mitteln und zerrt sich fluchend das absolut durchnässte Shirt über den Kopf, präsentiert mir das erste Mal seinen Oberkörper nackt! Und ich habe ja schon viele durchtrainierte Männer gesehen, aber nur wenige, die so makellos sind. Nicht zu viel und vor allem nicht zu wenig. Seine Muskeln sind geschmeidig und gut proportioniert. Die Haut bleich, aber haarlos. Eindeutig legt er hohen Wert auf sein Äußeres und weiß, wie er es einsetzen muss, um einen Vorteil daraus zu erlangen.
Sein Plan geht auf, denn ich stolpere und er bekommt meinen Oberarm zu fassen. Er will ihn mir auf den Rücken verdrehen, während ich mit dem Ellbogen versuche, seine Schläfe zu treffen, um mich aus meiner unvorteilhaften Lage zu befreien. Doch er stoppt ihn mit der anderen Hand, wickelt ein Bein um meines und zieht es unter mir weg, sodass ich mein Gleichgewicht verliere und nach vorne falle.
Ich zerre ihn mit und er landet schwer auf meinem Rücken. Wild keuchend, schwitzend und vor allem total überhitzt legt sich sein steinharter Arm um meinen Hals; er umklammert mit der linken Hand sein rechtes Handgelenk, drückt aber nicht zu. Trotzdem wird mir schwindlig und ich kämpfe gegen das Gefühl der Panik an, das ein mögliches Ersticken mit sich bringt.
»Ich habe gewonnen!«, raunt er heiser in mein Ohr. »Ergibst du dich?« Er vergisst sich insoweit, dass er mich erneut duzt, trotzdem existiert für mich nur eine Antwort:
NIEMALS!
Ich verliere nicht!
Wir sind ebenbürtig, weswegen ich jetzt auch zu den schmutzigen Tricks greife!
Ich verpasse ihm eine mit dem Hinterkopf, woraufhin er aufkeucht und ich die Sekunde nutze, um ihn zu überrumpeln. Schon liegt er mitten in der Halle auf den Matten und ich sitze mit einem überlegenen Grinsen auf seinem Bauch. Seine Augen glühen auf, dann hat er mich schon überwältigt und ich bin wieder unter ihm! Mit aller Kraft werfe ich uns herum, sodass ich wieder die Oberhand habe. Mein gesamter Körper bebt zu dieser Zeit schon vor Entkräftung und wir schnaufen wild um die Wette.
Er beißt dennoch die Zähne zusammen und schafft es wieder, mich auf den Rücken zu legen!
Irgendwie rollt er sich auf mich und landet zwischen meinen Beinen, pinnt schließlich meine Handgelenke rechts und links neben meinem Gesicht fest. Er starrt mich herausfordernd an.
Erst da wird mir klar, dass ihn DIESER Bodenkampf alles andere als kalt lässt, und ich reiße die Lider auf.
Alec Morgan hat einen Ständer!
Was ihn aber keineswegs zu stören scheint, denn er grinst schief, sobald ich die Augen verenge. Mit einem Mal muss ich an gestern Nacht denken und daran, wie sehr ich wollte, dass er mich küsst. Ein wenig bewegt er seine Hüften, sieht mich dabei immer noch provokativ an, worauf echte Panik in mir hochsteigt!
Weiß er vielleicht doch, dass ich es war? Merkt er, dass das Ganze mich alles andere als kalt lässt?! Ahnt er, dass ich ihn in diesem Moment nackt über mir haben will!? Ich befürchte es!
»Ich ergebe mich!«, wispere ich, denn DIESEN Kampf kann und will ich nicht gewinnen.
»Schade!«, meint er auch noch und stützt sich dann mit den Armen ab, um sich elegant auf die Beine zu befördern. Als wäre ich eine Puppe, zieht er mich hoch, schlingt einen Arm um meine Hüfte und dreht uns zu den Zuschauern. Lässig hebt er meine Hand in die Luft und alle jubeln.
Ich bin immer noch völlig atemlos und verwirrt, von diesem Kribbeln, das immer noch in mir nachhallt, und der Schnelligkeit, mit der er die Stimmung gewandelt hat.
Und während ich aus dem Augenwinkel beobachte, wie er breit grinsend Glückwünsche entgegennimmt, wird mir klar, dass ich wirklich aufpassen muss.
Alec Morgan beherrscht Spiele auf einer Ebene, von der ich bis jetzt noch nicht mal den Hauch einer Ahnung hatte.